Abolitionismus: Tierausbeutung abschaffen, nicht reformieren

Abolitionismus bedeutet Abschaffung. Analog zum historischen Abolitionismus (der Abschaffung der Sklaverei) wird damit heute die Forderung nach Abschaffung der Tierausbeutung und Etablierung von Tierrechten bezeichnet. Er richtet sich gegen den Reformismus, der durch den Neuen Tierschutz vertreten wird (siehe Basisinformationen). Der Veganismus ist die persönliche Basis eines jeden Tierrechtlers.

31. Dezember 2009

Ein halbes Schwein ist kein totes Schwein?

Landwirtschafts- und Tierschutz-Ministerin Aigner, bekannt durch üble Milchpropaganda und das Tragen von fremder Haut, die zum Unwillen von Tierschützern unrasiert war, scheint zurückzurudern (oder -strampeln): Nur noch halb so viel "Fleisch" sollten "die Deutschen" - der Umwelt und der Gesundheit zuliebe, von den Mordopfern, um die es eigentlich gehen sollte, und die teils ohnehin gern halbiert verkauft werden, ca. 30 Tage alte Hühnerküken etwa als etwa als zwei "halbe Hähnchen", ist natürlich eher weniger die Rede - konsumieren.

Scheint, denn in Wahrheit steckt die übliche Masche dahinter: Abschaffungsvermeidung.

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Tierschutz-Reform-"Erfolg": mehr leidende, ermordete Hühner

"[D]ie Menschen reagieren sehr positiv auf das Verbot der Käfighaltung", so Michael Lohse vom Bauernverband. Und was ist für einen Bauernverband positiv? Richtig: mehr Tierausbeutungsprodukte verdealen.

"[D]ie Deutschen [essen] mehr Eier: 2005 waren es noch 205 pro Jahr und Kopf, letztes Jahr wurden 212 gegessen, dieses sollen es 214 sein." (a.a.O.)

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27. Dezember 2009

Vegan leben und essen: 10 Jahre Tierrechtskochbuch

Sojamedaillons, Reis, Bohnen, braune SauceKirschsahnetorte
veganes GulaschErdbeereis


Am 30. Dezember 1999 begann die Tierrechtsinitiative Maqi ein richtungsweisendes Projekt: Die erste Fassung des Tierrechtskochbuchs entstand.

Was Menschen essen oder nicht hängt oft einfach nur davon ab, wann und wo sie geboren, von wem und wie sie erzogen wurden: ob Hühner, Hasen oder Hunde, Schweine, Schnecken oder Schlangen,
Kühe, Kängurus oder Katzen, Pferde, Perlhühner oder Palolowürmer, Welse, Wale oder Wildschweine, Affen, Aale oder Alligatoren, Meerschweinchen, Mufflons oder Mitmenschen auf dem Speiseplan stehen, ob sie Eier von Vögeln oder Reptilien oder Ausscheidungen von Insekten (wie Honig oder Schellack) goutieren, "Schinken", "Maultaschen", "Blubber", "Ziegenkäse", "Haggis", "Bruteier", "Weißwurst" als "Essen" betrachten hängt primär von willkürlichen und zufälligen Umständen ab, von der lokalen Flora und Fauna, genetischer Disposition (wie der nahezu weltweiten Laktoseintoleranz, die massiv das Konsumverhalten bezüglich Milchdrüsensekreten beeinflußt), vor allem aber schlicht von (allzu oft blutiger) überkommener Tradition.

Was aber, wenn jemand beginnt, all dies zu hinterfragen, und sich entschließt, zukünftig ethisch verantwortlich, also vegan, zu leben? Neben dem ggf. erforderlichen Abschaffen von "Leder"-Sofas, "Pelz"-Mänteln, "Woll"-Pullovern oder "Seiden"-Krawatten liegt dann mehrmals täglich und daher prominent die Frage: "Was essen?" auf dem Tisch.
Jetzt, wo es selbst vegane Fertiggerichte an jeder Ecke gibt und auch Discounter nicht umhin können, Sojamilch und Tofu zu führen, ist kaum noch jemandem gegenwärtig, daß es vor einer Dekade keineswegs so einfach wie heute war, vegan zu leben. Zur Erinnerung: Handys wogen ein halbes Pfund und taugten, wenn sie sich jemand überhaupt leisten konnte, allenfalls zum Telefonieren, Fernsehgeräte waren nicht flach und kaum breiter als hoch, und so gut wie niemand hatte das Wort "vegan" je gehört, geschweige denn wie heute regelmäßig in der Zeitung gelesen. Das Internet war - wie Veganismus - für viele Neuland.

KürbissuppeApfeltaschen
gefüllte PaprikaGrünkernbratlinge



So entstand das Tierrechtskochbuch: Rezepte und Informationen für den veganen Alltag, sorgfältig getestet, oft von Grund auf neu entwickelt, kostenlos zugänglich im Netz. Ganz bewußt wurde als Titel nicht "Vegankochbuch" gewählt, da Veganismus oft mit einer restriktiven Form vegetarischer Ernährung, Vegankost, verwechselt wird - was Veganismus aber keineswegs ist: Veganismus ist vielmehr eine Lebensweise, die sich auf alle Lebensbereiche erstreckt, nur ist Essen der auffälligste davon, da Nahrungsaufnahme in der Regel mehrmals täglich geschieht im Gegensatz etwa zum Kauf neuer Schuhe ("Leder") oder Bettdecken ("Daunen"). Stattdessen weist der Titel deutlich darauf hin, worum es dabei essentiell geht: das Recht anderer Tiere, nicht "benutzt" und nicht ermordet zu werden.

Die mittlerweile vierhundert Rezepte mit hunderten Fotos im Tierrechtskochbuch umfassen ein weites Spektrum: Rührtofu, Seitan, Zupfkuchen, Gulasch, Limonade, Pizza, Muffins, Vanille-Kipferl, Nudel-Tomaten-Auflauf, Schokoladeneis uvm. Der Großteil der Rezepte ist dabei alltagstauglich, sprich: einfach, schnell und preiswert, überwiegend aus Grundzutaten zuzubereiten.
Es werden - anders als heute vielfach üblich - keine Markennamen, etwa von veganer Margarine, Sojasahne oder Ei-Alternativprodukten oder gar Fertigprodukten genannt (viele "vegane Rezepte" bestehen heutzutage im wesentlichen aus der Beschreibung, wie eine Packung Soja"fleisch" und eine Dose Gemüse zu öffnen und der Inhalt zu erhitzen ist). Auch werden keine Drogen als Zutaten verwendet (anders als oft behauptet verflüchtigt sich der Alkohol im Wein usw. beim Kochen keineswegs, dazu wären weit höhere Temperaturen und Kochzeiten erforderlich).

KörnerbrötchenObsttorte
SeitanFrühlingsrollen

Vor allem aber sind die Rezepte frei Tierprodukten und somit frei von Leid und Mord.

Und es geht nicht nur ums Essen, auch Rezepte für veganes Shampoo, Duschgel, Putzmittel, vegane Seife, veganen Tapetenlöser oder Hustensaft sind zu finden.

Darüberhinaus gibt es ein Forum und umfangreiche Informationen, so etwa über vegane Ernährung allgemein, über Alternativen zu Vogeleiern, Tiermilch, Honig, Aspik, unveganer Kuvertüre oder Backpulver, über küchenspezifische Begriffe in verschiedenen Sprachen (deutsch, österreichisch, schweizerdeutsch und englisch); über versteckte Tierprodukte (Gelatine zur Klärung von Säften oder Essig, Cochenille, tierkohleraffinierter Zucker, diverse Aromen, Backfermente etc.) uvm.

[Quelle: http://www.maqi.de/presse/tierrechtskochbuch10vegan.html]

[Rezension] Susann Witt-Stahl (Hrsg.): Das steinerne Herz der Unendlichkeit erweichen

Susann Witt-Stahl (Hrsg.): Das steinerne Herz der Unendlichkeit erweichen. Beiträge zu einer kritischen Theorie für die Befreiung der Tiere, 1. Aufl., Alibri-Verlag, Aschaffenburg 2007

Dieser Sammelband, der aus einen Kongreß von 2006 hervorgegangen ist, behandelt das Verhältnis der Frankfurter Schule zur Idee der Tierrechte und viele weitere Bereiche wie der Kritik an gewissen Störmungen innerhalb der Tierbewegung. Die Beiträge wurden nicht ausschließlich von Personen aus dem Tierrechtsumfeld, sondern auch von "externen Wissenschaftlern", die einer gewissen Einseitigkeit entgegenwirken sollen.

Das Buch ist aktuell in der zweiten Auflage erschienen, der Beitrag hier behandelt die erste, sodaß zu Änderungen nichts sagen kann. Alle kursiven Hervorhebungen sind aus dem Original übernommen.

Im Editorial liest man die Themenstellung, aus der Kritischen Theorie der Frankfurter Schule (u.a Adorno, Horkheimer, Marcuse) die Relevanz für eine Tierrechtstheorie heraussuchen zu wollen, noch einmal genauer. Zwischen diesen Philosophen und ihrer persönlichen Konsequenz besteht wie so oft eine gewisse Diskrepanz und so ist es auch fragwürdig, ob man die Tierfreundlichkeit Marcuses damit belegen kann, daß er sich "eine Dauerkarte für den Zoo in San Diego zulegte". Aber es heißt ja nicht, daß die Kritische Theorie eine Tierrechtsphilosophie wäre, sondern sie soll als Vorlage dienen. "Mit diesem Band soll ein Implus dafür gegeben werden, auf Basis der Kritik der politischen Ökonomie eine kritische Theorie zu entwickeln für eine befreite Gesellschaft mit einem kollektiven Bewusstsein von einer [...] 'Solidarität, die schließlich auf die Kreatur schlechthin sich erstrecken könnte.'" Und weiter: "Ein Großteil der Autoren der in diesem Band versammelten Beiträge begeben sich – entlang der Threorielinie Hegel-Marx-Freud – in der Kritischen Threorie der Frankfurter Schule auf die Suche nach tierbefreierischen Elementen und Gehalten einer Utopie der Versöhnung von Mensch und Natur."

Im Vorwort von Moshe Zuckermann ("Mensch und Tier. Anmerkungen zur Zivilisationstragik") liest man seine Erklärung des Umgangs mit nichtmenschlichen Tieren aus der geschichtlichen Entwicklung. Auf der einen Seite stand die zivilisationsgeschichtliche Notwendigkeit die Natur zu beherrschen und auf der anderen sieht er die ideologische Begründung insbesondere durch die monotheistischen Religionen bedingt, so wenn z.B. die Bibel den Zustand der Beherrung mit ihren Herrschaftsgebot legitimiert.

Carten Haker gibt im ersten Beitrag eine Einführung zum "Mensch-Tier-Verhältnis in der Kritischen Theorie Theordor W. Adornos und Max Horkheimers". Diese bezeichneten das Verhältnis in gesellschaftlich-geschichtlicher Hinsicht als totale Unterdrückung und Instrumentalisierung mittels einer Vernunft, die "ihre Natürlichkeit nicht kritisch reflektiert und Herrschaft zurücknimmt". Sie beschäftigten sich auch mit der Entwicklung der ideologische Abgrenzung der Menschen von den anderen Tieren. Die Vernunft bedinge dabei die auf die Empathie bezogene "Verhärtung gegenüber Natur und Tieren". Das Tierhafte wird als das Triebhafte unterdrückt und tabuisiert und Menschen, um sie zu diffamieren, als nichtmenschliche Tiere bezeichnet.
Schließlich kamen sie zu einer negativen Moralphilosophie. Laut Marcuse sei "keine freie Gesellschaft vorstellbar, zu deren 'regulativen Ideen der Vernunft' nicht der gemeinsame Versuch gehörte, die Leiden, welche die Menschen den Tieren zufügen, folgerichtig zu verringern". Die letzte Formulierung ähnlich gefährlich der Tierschutzrhetorik und Adorno und Horkheimer formulierten keine wirkliche klare Position, wie diese Erkenntnisse in der Praxis umzusetzen seien, und sprachen pauschal von einem "Heraustreten des Gedankens aus dem Banne der Natur".

Gunzelin Schmid Noerr geht im Beitrag "Mitleid mit der gequälten Kreatur" dem Einfluß der Mitleidsethik Schopenhauers auf die Kritische Theorie nach. Schopenhauers "Mitleid" war keine "bloß subjektive Anwandlung von Herzensgüte, sondern ein intuitives Wissen um das Empfinden anderer und um das letztlich unaufhebbare Leiden alles Lebendigen". Daher sei man nicht christliches "Erbarmen, sondern Gerechtigkeit [...] den Tieren schuldig". So weit, so gut, doch sein Ansatz begünstigt problematische Entwicklungen, wenn er diese Gerechtigkeit auf Utilitarismus gründet. Das Mitleid, so Schopenhauer, müsse nicht zu einem Verzicht auf Tierprodukte führen, da "der Mensch durch Entbehrung der tierischen Nahrung zumal im Norden, mehr leiden würde, als das Tier durch einen schnellen und stets unvorhergesehenen Tod". Die Zurückweisung dieser Ansicht durch Noerr ist richtig, aber inhaltlich fraglich, wenn er von "vegetarischen" Produkte spricht. Die Vertreter der Kritischen Theorie, so wird nachgewiesen, widersprachen Schopenhauers Meinung, Mitleid sei das alleinige moralische Fundament. So sahen sie es als "Antwort der individuellen Moral auf die Erniedrigung der Individuen zu Opfern der gesellschaftlichen Naturgeschichte", aber allein als zu utopisch, sodaß zusätzlich "politische Mittel" notwendig seien. Ein Wiederauftauchen der Ansätze Schopenhauers und der Kritischen Theorie wird z.B. im Pathozentrismus der Gegenwart, wie von Angelika Krebs rekonstruiert, gesehen.

In "Der Anfang der Wissenschaft" geht Michael Sommer der Bedeutung Marx' "Kapital" für das Verständis des Verhältnisses von Natur und Gesellschaft nach. Für Marx gehörten Natur und Gesellschaft untrennbar zusammen, soviel ist verständlich, danach werden Sommers Ausführungen jedoch recht abstrakt (vor allem, wenn es um Hegel geht, aber das liegt wohl auch in der Natur der Sache).

Konkreter wird es wieder in "Marxismus und Tierbefreiung" von Marco Maurizi. Dort heißt es, daß der Marxismus "keine Ethik bildet, weil er die politische Dekonstruktion der Ethik als solche ist". Darüber hinaus hätte der Kommunismus keinerlei Affinität zur Beendigung der Tierausbeutung, aber, so Maurizi, "entscheided ist, wie wir das Tier-Problem heute betrachten müssen und ob die marxistische Theorie Potentiale für seine Auflösung birgt". Diese sieht er darin, daß der Marxismus Ausbeutung (egal welcher Form) als historische Notwendigkeit sieht, sodaß sie, wenn sie historisch überwunden ist, verschwinden kann. Falls der Marxismus wirklich bei der Befreiung der Tiere hilfreich sein sollte, scheint mir jedoch eine Abgrenzung von den anthropozentrischen und speziesistischen Aussagen Marx selbst notwendig.
In seinem zweiten Beitrag ("Die Zähmung des Menschen") will Maurizi die materielle und ideele Seite des Speziesismus als Theorie unterschieden wissen, d.h., daß Speziesismus nicht nur eine Form der Diskriminierung, sondern auch ein Herrschaftsprinzip ist. Er weist nach, daß Singer dies nicht verstanden hat und sein Blick "der Blick des bürgerlichen Moralisten" ist. Maurizi hält dagegen, daß "die Struktur der bürgerlichen Moralphilosophie selbst in Frage gestellt" werden muß.
Die Geschichte des Speziesismus beginnt seines Erachtens nicht mit der urzeitlichen Jagd, da dies keine Ideologie beinhaltete, sondern mit der systematischen Trennung von Menschen als Menschen und anderen Tieren als Nichtmenschen, wie v.a. in der abendländischen Philosophie (d.h. Kirchendoktrin). Er meint, mancher Antispeziesismus vergesse, daß sich die Menschen erst mit der Nahrungsproduktion aktiv von anderen Tieren abzugrenzen begannen und daß die Ausbeutung gerade früher weniger auf Diskriminierung, sondern mehr auf Herrschaftsstrukturen beruhe. "Wenn die Antispeziesisten von den Interessen der Menschen sprechen, vergessen sie, dass 'alle Menschen gleich, aber einige gleicher sind'." Deshalb müsse "die Befreiung der Tiere mit der Befreiung der Menschen identisch" sein.

"Emanzipative Praxis und kritische Theorie. Zur Dialektik von integrativer Anerkennung und aufhebender Negation" heißt der Aufsatz von Marcus Hawel und er beginnt mit der Darstellung der Herr-Knecht-Dialektik bei Hegel. "Das philosophische Problem der Emanzipation, das sich um die Herr-Knecht-Dialektik zentriert, setzt demnach auf beiden Seiten, sowohl beim Herrn als auch beim Knecht, vernunftbegabte Wesen voraus. Tiere allerdings sind nach der herrschenden Logik ohne Vernunft", daher könnten nichtmenschliche Tiere "nur befreit werden". Die Menschen, wollten sie die nichtmenschlichen Tiere befreien, müßten sich selbst befreien und aufhören "die Natur als bloße Ausbeutungskategorie und feindselig zu behandeln."

Michael Fischer schreibt über "Tiere als Rechtssubjekte: Vom Tierprozess zum Tierschutzgesetz". Zuerst gibt er einen Überblick über vorneuzeitliche Tierprozesse und Tierstrafen, in denen nichtmenschliche Tiere wie Menschen angeklagt und verurteilt wurden (für Menschentötung z.B. mit Exekution; bei Schadenverursachung z.B. mit Exkommunikation). Teilweise galten nichtmenschliche Tiere als Rechtssubjekte, auf der anderen Seite waren sie rechtlich-moralische Objekte. Ein Widerspruch besteht darin, daß nichtmenschliche Tiere einerseits als die menschliche Kommunikation verstehend (Vorladung vor Gericht, schriftliche Bekanntmachungen), andererseits im traditionellen Verständnis als "unvernüftig" galten. D.h. wenn Tiere zu Rechtssubjekten gemacht wurden, "vollzog sich eine weitgehende und menschenanaloge Personifizierung derselben". Die Prozesse selbst dienten der Wiederherstellung der aus der Bibel abgeleiteten Hierarchie tierlicher Unterordnung, die durch "Angriffe" von nichtmenschlichen Tieren gegen Menschen "mißachtet" wurde. Während früher die Tiere zu Rechtssubjekten gemacht wurden, obwohl sie das der damaligen Moral nach nicht sein konnten, macht das heutige Tierschutzgesetz sie hingegen nicht mehr zu Rechtssubjekten, sondern sie sind reine Objekte, was wissenschaftlich richtiger ist, ihre Situation allerdings nicht gebessert hat.

Christoph Türckes Beitrag "Mensch und Tier" handelt von der "Reichweite des 'Speziesismus'" - gemeint ist die schmale Differenz von Menschen und Menschenaffen. Zu Beginn wundert man sich zwar, daß laut Türck Singer den Begriff Speziesismus erfunden haben soll, dafür werden jedoch Singers Absurditäten vor allem aus "Praktische Ethik" offengelegt. Da nach Singer nur das utilitaristische Leid- bzw. Glückskriterium zählt, hätten menschliche Säuglinge u.U. in der Abwägung weniger Rechte als Menschenaffen. Trücke findet diesen "Glücksmengenvergleich" verständlicherweise "haarsträubend". Das Ende des Beitrag ist jedoch leicht verwirrend: Der Speziesismus sei "der humane Fürsprecher der Tierwelt. Gesetzliche Verankerung von Tierschutz ist ihm selbstverständlich. Wie weit es allerdings Sinn macht, Tieren Rechte zu geben, wäre in seinem Licht neu zu erörtern." Weitere Erklärung und ob Tierschutz hier positiv oder negativ gemeint ist, gibt es nicht. Daß Speziesismus und Tierschutz vereinbar, wenn nicht gar einander notwendig sind, ist richtig, aber eher ein Grund mehr, Tierschutz abzulehnen.

In "'Ein Königstiger als Vegetarianer'" kritisiert Arnd Hoffmann die "Utopielosigkeit von Antispeziesismus und Veganismus". Ein Problem sieht er in der Argumentation durch die Darstellung gegenwärtiger Grausamkeiten ("hyperrealistische[r] Koketterie mit dem emotionalen Kitzel des Schockierens"). Seiner Meinung nach fehlt es der aktuellen Diskussion an Utopiebildung, was ein schweres Defizit darstelle. Um den defizitären Charakter zu beweisen, beginnt er mit der Stellung der Utopie in der Kritischen Theorie. "Erst die Benennung von Horizonten des Utopischen macht eine Änderung der gesellschaftlichen Verhältnisse möglich." Hoffmann vermutet danach im Antispeziesismus anthropozentrische Sichtweisen, insbesondere im dualistischen Sprachgebrauch der Umbenennungen ("Fleisch – Leichenteile"), ohne zu sagen, was die nicht-anthropozentrische Variante wäre. "Er verrennt sich dann vollends, wenn er den Differenzbegriff des 'Anderen' ausschließlich in den ideologisch-speziesistischen Gewaltzusammenhang stellt." Die krampfhafte ideologische Zusammenführung von Menschen und nichtmenschlichen Tieren sei nicht zu empfehlen. "Demgegenüber glaube ich, dass eine kritische Theorie zur Befreiung der Tiere auf die historische Differenz setzen muss", z.B. durch eine "wirkliche Revision der Gattungsverhältnisse". Wenn nämlich lediglich die jetzige "Würde" des Menschen auf die nichtmenschlichen Tiere übertragen würde, bliebe das "ideologisch verblendet". Er nennt es "guten Speziesismus". Inwiefern der mit "Würde" die Idee der Rechtezuweisung impliziert, ist nicht klar.

Laut Esther Leslies und Ben Watsons Beitrag "Tiere, Geschichte und Kunsttriebe" konnte die Jagdsabotage in England nur von Stadtmenschen erfunden worden sein, die ein entfremdetes Verhältnis zu Tieren haben und sie vermuten in der Tierbefreiungsbewegung eine populärkulturelle Motivation. In bezug auf die Kritische Theorie fragen sie: "Ist dies eine ernsthafte 'Kopernikanische Wende' im marxistischen Denken oder lediglich eine weitere pseudopolitische Welle, die uns von der Kulturindustrie aufgedrängt wird?" Sie geben dann einige Beispiele für die Darstellung von Tieren in der Kunst (hauptsächlich Literatur) und Philosophie (Marx, Engels, Benjamin), sowie Beobachtungen zu Parallelen tierlichen Verhaltens in der Gegenwartskultur, schließlich Kunst von nichtmenschlichen Tieren selbst (Affenkunst). Diverse Rätsel gibt mir folgender Satz auf: "Animal Liberation bedeutet nicht notwendigerweise Vegetarismus – der eine sktiererische Form der Ernährung sein kann, die eher auf der Verdrängung des factum brutum des Todes als auf dem Nichttolerieren von Leid basiert -, sondern soziale Revolution, die Rückkehr zu dem, was wir an erster Stelle wollten, bevor das Geld internevierte (es gibt Anziechen dafür, dass aufgeschlossene Veganer in den Vereinigten Staaten, die überfahrene Tiere essen, diese Argumente anerkennen)." Wieso Tierbefreiung nicht Vegetarismus bedeutet, ist klar, sie implizieren damit allerdings auch Veganismus. Wieso Veganer tote Tiere essen, wäre das nächste Rätsel. Und zuletzt halten die Autoren von Tierbefreiung auch nicht allzuviel: "Daher lautet unser Fazit, dass es nicht darum geht, 'die Tiere' dort drüben zu retten. Es geht darum, uns Tiere hier zu retten – menschliche Tiere, die im kapitalistischen System gefangen sind."

Agnese Pignataro richtet sich in "Für eine Wissenschaft ohne Opfer" gegen die rein anthropozentrische Ausrichtung des Antivivisektionismus, die auf der Unübertragbarkeit und damit auf der Schädlichkeit der Tierversuche für Menschen basiert. Sie stellt heraus, daß diese keine Ausrichtung auf ethische Gründe um der Tiere selbst willen impliziert. "Wir müssen die Menschen fragen, ob sie es akzeptieren wollen, dass der Fortschritt für unsere Gesellschaft daraus resulitert, dass lebendige Wesen für Labortests verwendet werden." Zudem sei die wissenschaftliche Praxis an sich das Problem, nicht die Verwertbarkeit der Ergebnisse, da auch Menschenversuche (an Häftlingen, Waisen, Gefangenen) ethisch abgelehnt werden, egal ob deren Ergebnisse verwertbar sind oder nicht. "Wir haben das Recht, die Abschaffung der Experimente an lebenden Wesen für die medizinische Forschung zu fordern – egal welcher Spezies sie angehören." Das sollte sich diverse unvegane "Tierversuchsgegner" gesagt sein lassen.

Mieke Roscher beschäftigt sich in "'What will they be doing next, educating cows?'" mit der "Nutzung der Frau-Tier-Natur-Gleichsetzung", d.h. mit der vom Feminismus tlw. selbst herbeigeführten Gleichsetzung zwischen der Unterdrückung der Frauen und der nichtmenschlicher Tiere. Beides wurde insbesondere als natürliche/naturgegebene Unterlegenheit gerechtfertigt. Viele Protofeministinnen im 19. Jh. haben dies bewußt aufgegriffen und sich deshalb gegen Vivisektion engagiert. Roscher ist jedoch der Meinung, daß eine bloße Gleichsetzung bzw. die daraus abgeleitete Strategie nicht optimal ist, da die Unterdrückung der Frauen andere soziale Ursachen hat. Jedoch sollten sich Frauen auch deshalb gegen Speziesismus engagieren: "Es sollte Frauen nicht genügen, nicht mehr wie die Tiere ausgebeutet zu werden und sich gleichberechtigt an ihrer Unterdrückung zu beteiligen." Sie sagt weiter, daß eine simple Ablehnung der "Frau-Tier-Analogie" meist speziesistischen Charakter trägt. Die Analogie ist letztlich richtig, aber argumentativ nicht optimal, deshalb schlägt sie vo "die Individualität des Tieres zu erkennen, es aus der Hierarchisierung herauszulösen".

In "Tierrechte und Esoterik – Eine Kritik" richtet sich Colin Goldner gegen die Unterwanderung der Tierrechtsbewegung durch religiöse Sekten, Nationalsozialismus und Esoterik.
Er beginnt mit der Sekte Universelles Leben und ihrer Entstehung, Struktur und ihren Zielen, sowie dem Beginn und Vorgehen der Unterwanderung, um neue Absatzmärkte und Missionierungsgebiet zu gewinnen. Erster Widerstand, so Goldner weiter, stammte von Maqi, sowie (nach anfänglicher Stellung von Werbeflächen) durch das Magazin VOICE, das letztlich durch die gerichtlichen Auseinandersetzungen mit UL eingestellt wurde. Goldner hält fest, daß Kritik am UL durch einen Schulterschluß mit den Amtskirchen, wie von einigen praktiziert, inakzeptabel ist: "Beide Seiten [UL und Kirche] sind aus tierethischer Sicht indiskutabel." Sowie daß sich Helmut Kaplan als "'useful idiot' der Tierrechtsgegner erweist", indem der UL einen Persilschein ausstellt, genauso Stefan Eck (damals AKTE, heute Tierschutzpartei) oder Martin Balluch (mit seinem [Pseudo]Tierrechtskongreß).
Das zweite Thema ist der Nationalsozialismus. Hier beginnt er mit dem Märchen von Hitlers Tierfreundlichkeit bzw. Vegetarismus und der Instrumentalisierung des Tierschutz als Propaganda durch die Nationalsozialisten. Dabei ging es nie um die Tiere, sondern nur um eine verdeckte Diskriminierung der Juden (näheres dazu bei Sax). Auch heute ist eine Zusammenarbeit mit rechten Gruppen z.B. gegen das Schächten indiskutabel (was es ohnehin ist, denn das ist eben Tierschutz und keine Tierrechte und das Faschismus und Tierrechte unvereinbar sind, sollte klar sein).
Danach begründet Goldner die notwendige Distanzierung vom Christentum und vom Hinduismus, den viele noch für "tierfreundlich" und dergleichen halten: "Der Hinduismus, eine Viehzüchterreligion wie die mosaischen Religionen, unterscheidet sich in Hinblick auf Unterdrückung und Ausbeutung nichtmenschlicher Tiere von diesen in nichts." Sowie vom Buddhismus: "Tatsache ist: Der Tibetische Buddhismus kennt ebenso wenig wie die anderen Varianten der buddhistischen Lehre eine Verpflichtung zu vegetarischer oder veganer Lebensweise. Noch nicht einmal auf der Ebene des Klerus enthält man sich des Verzehrs getöteter Tiere." Um kein schlechtes Karma zu bekommen, werden mit der Ermordung der Tiere Moslems oder niedrigkastigen Hindus beauftragt.

Den letzten Punkt bildet die Esoterik. Hier wird vordergründig Barbara Rütting bedacht und ihre "Affinität zu Blut-und-Boden-gefärbter Rechtsaußen-Esoterik" beleuchtet. Ob Bruker, Naturgesetzpartei, ZEGG, Findhorn, UL oder Esoterikmist wie "Tierheilpraktik", sie hat fast alles mitgemacht oder dafür geworben. Neuerdings ist sie bei der Tierschutzpartei, einen Reim kann sich jeder selbst darauf machen.

Die Herausgeberin, Susann Witt-Stahl, beschäftigt sich in "Das Tier als 'der ewige Jude'?" mit dem "KZ-Vergleich". Ihr gehe es nicht um die Berechtigung einer möglichen Analogie, sondern sie wolle "die Ideologieschichten ab[]tragen, die bei dem Vergleich und seiner Kritik wuchern, sie [..] analysieren und als falsches Bewusstsein von den herrschenden Verhältnissen" aufzeigen. Sie kritisiert in erster Linie den Peta-Unfug "Holocaust auf deinem Teller". Peta hat nie die wirklichen Parallelen selektiv zur Kritik herangezogen, sondern den Holocaust als Werbekampagne benutzt, während sie auf der anderen Seite ihren spendenkonformen Tierschutz wie die Burger-King-Werbung praktizierten. Sie merkt auch an, daß Kaplan diese Kampagne selbstverständlich ausdrücklich gelobt hat (was will man auch sonst erwarten). In ihren Rechtfertigungen haben sich beide in der Absurdität ihrer Argumente überschlagen. Auf der anderen Seite zeigt die Autorin wie die Kritik der Gegner auf speziesisitischer Basis beruht, kurz gesagt: Tierschützer und Leichenfresser, wohin man nur schaut. Die Reaktionen kritisierten nicht die falsche Instrumentalisierung durch Peta, sondern rechtfertigten die Tierausbeutung. Nicht zuletzt instrumentalisierten sie genauso einen KZ-Vergleich nach ihren Vorstellungen.
Auch wenn sie dies alles berechtigterweise ablehnt, hält sie fest: "Wer Auschwitz radikal jeglicher Vergleichspraxis entzieht, vernachlässigt das 'Wehret den Anfängen'-Prinzip und vereitelt einen gelungenen Vollzug des neuen kategorischen Imperativs." Letztlich bleibt festzuhalten, daß bei aller notwendigen Ablehnung von NS-Vergleichen und Holocaust-Instrumentalisierungen aller Art die eigentlichen, berechtigen Nationalsozialismus-Analogien nicht berührt werden. Denn daß einzelne, frappierende Parallelen existieren, kann (v.a. aus antispeziesistischer Sicht) nicht geleugnet werden (wie es dennoch einige 'Linke' versuchen). Ob und wann dies als argumentative Strategie sinnvoll ist, ist eine andere Frage.

"Zur Verteidigung des tierlichen und menschlichen Individuums" ist Melanie Bujoks Aufsatz über eine Verbindung der Kritischen Theorie mit dem Widerstandsrecht bei der Befreiung der Tiere. Ein Problem besteht darin, daß sich die nichtmenschlichen Tiere nicht selbst befreien bzw. auch kaum dazu beitragen können (was zumindest im Vergleich zur menschlichen Sklavenbefreiung keinen großen Unterschied darstellt). Die menschliche Gesellschaft muß es selbst vollziehen und dafür benötigt sie ein Interesse daran.
Zuerst zeigt Bujok, wie die gesellschaftliche Herrschaft über nichtmenschliche Tiere gerechtfertigt zu werden versucht und dann daß gegen diese "unrechtmäßige Herrschaft […] das Widerstandsrecht aktiviert" ist. Bei der Ausübung des Widerstandsrechts werden die Tiere durch die Tierbefreier vertreten. Die Rechtfertigung dafür ergibt sich aus der geschichtlichen 'Notwendigkeit' der Naturbeherrschung und aus ihrer sozialen Konstruktion. Nichtmenschliche Tiere werden als "das Fremde, Miderwertige, Bestialische" vom Menschen abgegrenzt, dabei spielt vor allem die unterstellte Tierähnlichkeit bei Verlust der Triebkontrolle eine soziale Regulierung dar. Auch die Inkorporierung der Tiere (sichtbar durch Leinen, Ketten, Gitter, in Zoos und Zirkussen) dient der Vergewisserung "der Herrschaft über Tiere als sozialer Institution". Jeder, der von diesen sozialen Normen abweicht, gilt als "Sonderling".
Die "Negation der Tierausbeutung" gründe sich im Mitleid – "Das Movens der Solidarisierung mit Tieren gründet im durch Nachvollzug ihres Leidens entstandenen Interesse an Abhilfe", das Problem bestehe in der bereits genannten Ohnmacht der Tiere, sich selbst zu helfen. Tierbefreiung bedeutet ihrer Meinung nach, Tieren ihre Handlungsfreiheit zu lassen oder wiederzugeben und sich aktiv mit ihnen zu solidarisieren. Nach der Kritischen Theorie besteht ein Tauschbetrug an den Tieren und "die Schädigung von Leib und Leben" ist nicht zustimmungsfähig, weshalb die Herrschaft illegitim ist. Daß Menschen das ihnen zustehende Widerstandsrecht ausüben dürfen, ergibt sich aus dem "Verständnis einer 'kämpfenden'". Die praktische Befreiung der Tiere besteht einerseits in der Aufklärung über den Speziesismus und andererseits in der Verbreitung des Veganismus. Darüber hinaus betrifft sie auch direkte Tierbefreiung: "Tierbefreier machen die beschriebene Anonymisierung der Opfer und Täter rückgängig, lösen den Bann der Verdinglichung auf, stellen die Verweisungszusammenhänge wieder her, benennen Verantwortliche. Tierausbeutung erscheint nun nicht mehr als ein unveränderliches Verhältnis von Dingen, sondern als eines von Tätern und Opfern."

Im letzten Beitrag, "Tierliebe, Tierschutz und Noblesse Oblige als Manifestationen des Speziesismus", von Günther Rogausch plädiert dieser "für Ideologiekritik statt 'Tierethik'". Primär mangelt es seiner Meinung nach am direkten Handeln bzw. richtigen Handeln. Er sieht die Ansicht verbreitet, "etwas 'für die Tiere' zu tun, sei per se 'etwas Gutes'" und spielt auf das an, was wir blinden Aktionismus nennen. Dadurch vorkommt der Begriff der "Tierrechte" zu einem "bloßen Label". Als Beispiel zitiert er Benthams Aussage, die der Tierausbeutung nicht entgegensteht und genauso wenig wie Bentham selbst. Die Leiden der Tiere, auf die er Bezug nimmt, werden in seinen utilitaristischen Rechnungen verrechtnet und in seinem Anspruch, Tiere töten zu dürfen, aber nicht zu quälen, ist er nur Tierschützer, kein Tierrechtler. Nicht zuletzt gibt er zu bedenken, daß Benthams Parallelismus mit den Sklaven unter den Bedingungen, wie Sklaven eben in der Sklaverei behandelt wurden, gesehen werden muß.
Genauso wenig wie dieser Tierschutz eignet sich auch "Tierliebe" als Widerstandsform gegen Speziesismus, denn sie ist inhärent speziesistisch, indem nur bestimmte Tiere "geliebt" werden ("Haus"tiere und andere Sympathietiere), aber nur deshalb, weil sie eine Funktion für die Menschen erfüllen. Rogausch meint, daß die unterschiedliche Behandlung von "Haus"- und "Nutz"tieren keine Doppelmoral sei, sondern grundlegende speziesistische Ideologie.
Ähnlich wie Bentham sind auch Peter Singer und Tom Regan als "Begründer" oder Vorbilder der Tierrechte ungeeinget. Die Gründe können unter den Verlinkungen hier nachgelesen werden. Des weiteren bezeichnet Rogausch Bestrebungen wie "Rechte für Menschenaffen" aus auch bekannten Gründen als kontraproduktiv. Letztlich legt er dar, warum es unsinnig ist, die Empathie aus dem Moralverständnis auszuschließen, wie es diese Ethiktheorien von Singer und Regan machen und kritisiert Prominenz-Argumente wie auch blinden Aktionismus. Abschließend fordert er eine "Moral, die nichtmenschlichen Tieren als Gegenüber, als Individuen, begegnet".

Fazit: Auch wer nicht mit Marxismus und der Kritischen Theorie vertraut ist, findet hier einige Themen des Tierrechtsbereich gut durchdacht, wenn auch die Qualität der Beiträge im Ganzen schwankt. Die Öffnung des Themas zu "szenefremden" Menschen war eine gute Überlegung, wenn sie auch nicht immer zu den bestmöglichen Ergebnissen führte. Negativ fällt auch auf, daß die (ideologisch und strategisch) wichtige sprachliche Unterscheidung von "Menschen und nichtmenschlichen Tieren" kaum zu finden ist. Insgesamt ist das Buch durch seine thematische Breite sowohl für Einsteiger als auch Etablierte geeignet.

[Quelle: http://tierrechtsforen.de/1/7645/7776]

23. Dezember 2009

Und immer wieder Peta

Häufiger heißt es, Peta habe in der Vergangenheit ein paar Fehler gemacht, sich aber inzwischen gebessert. Oder die Leute, für die die Tierrechtsthematik neu ist, wundern sich, warum Peta kritisiert wird, obwohl sie doch durch die Medien als "Tierrechtsoranisation" bekannt sind. Daher diese kleine Zusammenfassung.

Peta USA, die Ursprungsorganisation, ist bekannt dafür, Katzen und Hunde aufzunehmen und, wenn sie nicht von ihren Besitzern abgeholt werden, zu töten. Das erreichte einen Höchststand im letzten Jahr, als 95% aller aufgenommenen Tiere getötet wurden. Auch der Einwand, es träfe nur für kranke Tiere zu, wird bei dieser Zahl nichtig, denn keine 95% aller "streunenden" Katzen und Hunde sind so krank, daß eine Euthanasie gerechtfertigt wäre. Insgesamt hat Peta seit 1998 zwischen ca. 20'000 Tiere umbringen lassen.[01] Die Anzahl spielt dabei die geringere Rolle – auch zehn wären zuviel -, sondern allein die Tatsache, daß eine selbsternannte Tierrechtsorganisation gesunde und vermittelbare Tiere euthanisiert, ist eine Verhöhnung des Tierrechtsgedankens. Noch schlimmer wird es, wenn es verteidigt wird. Zur nachgewiesenen Tötung von 55 Hunden durch Peta-Mitarbeiter, die danach im Müll entsorgt wurden, sagte Peta-Präsidentin Newkirk: "Was sie [die eine Mitarbeiterin] tat war falsch, das mit den Körpern [die Hundeleichen], aber sie verursachte keinen Schmerz, kein Leiden oder Qual oder irgend so etwas."[02] Auf der Webseite heißt es ähnlich: Bis die "Überpopulation" in den Griff bekommen sein würde, "müssen wir das Leiden ungewollter Tiere in der verantwortungsvollsten und humansten Art und Weise verhindern. Euthanasie, richtig durchgeführt, ist oftmals die mitfühlendste Option."[03] (Daraus geht auch hervor, daß es um "ungewollte" Tiere geht, nicht nur um kranke.)
Wie kommt Peta zu der Annahme, daß die Beendigung eines Lebens keine Problem wäre, solange es schmerzlos geschieht? Möglicherweise durch Peter Singer, den Peta ausgiebig als "Vater der Tierrechtsbewegung" preist. Er ist nicht nur bekannt dafür, daß er Zoophilie verharmlost, was Peta natürlich verteidgt (wobei Newkirk auch verlauten läßt, daß Reiten unter bestimmten Bedingungen unproblematisch sei),[04] sondern er ist in Folge seiner utilitaristischen Einstellung auch der Meinung, Tiere hätte kein Interesse am Leben, sondern nur an Schmerzfreiheit, sodaß sie zu töten gerechtfertigt ist, solange es schmerzfrei geschieht. Daher könne ein "gewissenhafter Omnivore" zu sein auch eine "ethisch vertretbare Position" sein.[05] Peta bezeichnet außerdem sein Buch "Animal Liberation", in dem er Freilandeier preist, wird als "Bibel" der Tierrechtsbewegung (ironischerweise ist der Vergleich genau genommen richtig: es ist veraltet, fehlerhaft, schädlich und wird dennoch immer wieder durch falsche Auslegung positiv dargestellt).[06] Die Tötung vermittelbarer Tiere wunder auch daher ein wenig, da Peta bei jährlichen Einnahmen von 30 Millionen Dollar [07] in der Lage wäre, Tierheime zu unterstützen oder zu unterhalten. Allerdings eignet sich das bekanntlich nur schlecht, um Spendengelder zu mobilisieren im Gegensatz zu (entsprechend teuren) Großplakaten mit halbnackten Prominenten, die kein "Pelz" tragen (aber weiterhin unvegan sind).
Mit dem Unveganismus hat man bei Peta auch intern keine Probleme, so sagt Petas Vizepräsident Dan Mathews: "Die Hälfte unserer Mitarbeiter ist Vegetarier und die andere Hälfte denkt, es sei eine gute Idee."[08] Bei der angeblich "größten Tierrechtsorganisation der Welt"[09] betätigen sich Menschen, die durch ihr Konsumverhalten Tierrechte mit Füßen treten, "für Tierrechte".

Ein anderes aktuelles Beispiel ist, daß sich Peta USA auch nicht davor scheut, eine "Tierrechtsauszeichnung" einer Zoobehörde dafür zu übergeben, daß eine von Hunderten Spezies nicht mehr eingesperrt wird.[10] Nach dieser Logik, wäre der Betreiber einer Kinderarbeitsfabrik, wenn dort eine Pause von zehn Minuten eingeführt wird, ein perfekter Kandidat für eine Menschenrechtsauszeichnung.

Letztes Jahr hat Peta in Kanada ein Abkommen mit der "Gefügelindustrie" darüber abgeschlossen, daß die Tiere jetzt auf eine andere Art und Weise getötet werden. Die Folge ist, daß die Tierausbeutung damit wirtschaftlich effizienter wird, d.h. jetzt noch mehr Tiere für geringere Kosten umgebracht werden können.[11] Die Tierausbeutungsindustrie ökonomisch zu stärken könnten einige als ungeeignet für eine "Tierrechtsorganisation" empfinden, für Peta ist es natürlich ein "Sieg für die Tiere".

In Italien ist Peta das Leben eines Fisches nicht so viel wert, um ihn nicht für Fotoaufnahmen (natürlich mit einem Prominenten) umbringen zu lassen.[12] Was sind schon Indivdualrechte gegen im Vergleich zu spendenfördernder Medienpräsenz?

Peta Deutschland schließlich ist nicht dafür bekannt, Hunde und Katzen umzubringen, aber groß ist der Unterschied dennoch nicht.
Ein keineswegs anders geartetes Verhältnis gibt es auch hierzulande zu Prominenten. Dirk Bach ist Sprecher eines Film gegen Eikonsum, ist aber selbst Vegetarier und bezeichnet Tiermord aus Unterhaltng als "harmlos".[13] Die neuste dieser Sorte, Cosma Hagen, verkündet zwar medienwirksam gegen "Pelz" zu sein, aber mit "Leder" hat sie weniger Probleme.[14] Wer das heuchlerisch nennt, sollte sich freuen, daß er immerhin nicht wie Peta-Promi Davorka Tovilo einen ganzen Berg Tierprodukte, inklusiver diverser Leichenteile, als vegan bezeichnet.[15]

Auch finden sich bei Peta Deutschland die gleichen Kampagnen mit halbnackten Frauen auf Bildzeitungsniveau. Neben den Prominenten-Plaken war auch ganz besonders qualitativ die Peta-Kampagne, in der Fußgängerzone zwei Frauen in Bikinis duschen zu lassen, um "auf den Wasserverbrauch durch die Fleischherstellung" hinzuweisen.[16] Was lernen die Passanten wohl über das Recht der Tiere, nicht als Ressource gebraucht zu werden, wenn zwei halbnackte Frauen öffentlich duschen? Im besten Fall nichts, im realistischeren Fall – da sich Peta als "Tierrechtsorganisation" deklariert –, daß man Tierrechte nicht ernst nehmen muß, daß nicht die Individualrechte der Opfer im Zentrum stehen, sondern Methoden der Öffentlichkeitserheischung auf unterem Niveau. Nimmt man auch den sehr unwahrscheinlichen Fall an, daß einigen bewußt geworden ist, wieviel Wasser die "Fleischherstellung" verbraucht, dann haben sie dadurch gelernt, daß man den Wasserverbrauch reduzieren muß, nicht etwa, daß man die Rechte nichtmenschlicher Tiere achten soll. Von daher ist dieses Vorgehen von Peta ist: es trivialisiert und diskreditiert Tierrechte sowohl, wenn es funktioniert, als auch, wenn es nicht funktioniert.

Weitere aktuelle Glanzleistungen:

- Peta fordert erneut dazu auf, Wale zu essen oder Vegetarier (!) zu werden, d.h. Mord oder Mord zu begehen.[17] Daß man sowohl Wale als auch Hühner und Kühe am Leben lassen sollte, scheint nicht erwähnenswert.
- Peta verschicktet Newsletter, die zwischen fünf und sieben Links auf die Spendenseite enthalten, aber keine sinnvolle Aufforderung, das eigene Konsumverhalten zu überdenken.[18]
- Peta fordert KFC dazu auf, die Ausbeutungsanlagen hübscher auszugestalten, anstatt zum Boykott unveganer Nahrungsmittel überhaupt aufzurufen.[19]
- Peta offeriert australischen Schafsausbeutern bessere Methoden der Schafsausbeutung, statt den Boykott aller Tierausbeutungsprodukte (inklusiver aller, nicht nur australsicher "Wolle") zu fordern.[20]
- Peta zeigt (weiterhin) kein Bedürfnis, sich von der unterwandernden Sekte Universelles Leben abzugrenzen.[21]

Und so weiter. Und so fort.

Auch die Tatsache, daß neuerdings ab und an das Wort "vegan" bei Peta auftaucht oder sie sich auch einmal mit etwas anderem als medienwirksamen Randaspekten beschäftigen, kann nicht darüber hinweg täuschen, daß Peta weiterhin das Tierrechtsanliegen massiv untergräbt und trivialisiert. Was zählt ist der Kontostand und die Aktionen werden danach ausgewählt, wie man ihm am besten erhöht. Schaden für das Verständnis von Tierrechten und Veganismus wird dabei fraglos in Kauf genommen, wenn nicht gefördert.
Es gibt viele üble alt- und neutierschützerische Organisationen, aber die, die den größten Schaden anrichtet, ist immer wieder Peta.


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[01] http://www.petakillsanimals.com/petasdirtysecret.cfm, auch wenn wir mit der Intention der Seite nicht übereinstimmen, ist der Beweis recht eindeutig
[02] http://www.youtube.com/watch?v=MblfdR459Rk#t=1m15s
[03] "Until dog and cat overpopulation is brought under control through spaying and neutering, we must prevent the suffering of unwanted animals in the most responsible and humane way possible. Euthanasia, performed properly, is often the most compassionate option.", http://www.peta.org/MC/factsheet_display.asp?ID=39
[04] http://tierrechtsforen.de/1/7406/7553
[05] Zitate unter http://tierrechtsforen.de/petersinger
[06] http://antispe.de/zitate.html#singer
[07] http://www.eri-nonprofit-salaries.com/index.cfm?FuseAction=NPO.Summary&EIN=521218336&Cobrandid=0
[08] "Half of our members are vegetarian and half think it's a good idea.", http://www.ocweekly.com/2003-07-31/features/how-to-stuff-a-lettuce-bikini/2
[09] http://www.peta.org/about/
[10] http://tierrechtsforen.de/1/168/7605
[11] http://abolitionismusabschaffungdertiers.blogspot.com/2008/07/peta-und-kfc.html
[12] http://tierrechtsforen.de/1/168/7451
[13] http://www.antispe.de/zitate.html#bach
[14] http://tierrechtsforen.de/1/168/7662
[15] http://tierrechtsforen.de/1/168/7417
[16] http://www.peta.de/web/dusch-demo_auf.2283.html, um nur ein Bespiel zu nennen
[17] http://tierrechtsforen.de/1/168/7210
[18] http://tierrechtsforen.de/1/168/7206
[19] http://tierrechtsforen.de/1/168/7237
[20] http://tierrechtsforen.de/1/168/7383
[21] Mitarbeit an der "Allianz für Tierrechte" (zuletzt 2007), die mit dem UL offen sympatisiert (http://www.allianz-fuer-tierrechte.de/leitbild.htm)

[Quelle: http://tierrechtsforen.de/1/7668]

20. Dezember 2009

[Rezension] Clarke/Linzey (Hrsgg.): Das Recht der Tiere in der menschlichen Gesellschaft

Paul B. Clarke/Andrew Linzey (Hrsgg.): Das Recht der Tiere in der menschlichen Gesellschaft. Mit einem Vorwort von Tom Regan (im Original: Political Theory & Animal Rights, 1990), Guthmann-Peterson-Verlag, Wien [u.a.] 2002

Die Herausgeber wollen hiermit ein Buch vorlegen, das die Beschäftigung mit dem Status der Tiere in der menschlichen Gesellschaft bei Philosophen und Autoren von der Antike bis zur heutigen Zeit anhand kurzer, Kernaussagen enthaltenden Texteauszüge vorstellt. Was die Herausgeber selbst betrifft, ist Clarke als Dozent für politische Theorie an der Universität von Essex noch relativ harmlos, aber spätestens bei Linzey muß man unwillkürlich die Stirn runzeln, denn dieser gehört als Kaplan und Direktor am Centre for the Study of Theology an der Universität von Essex nicht gerade in die Gruppe der Menschen, die eine positive Grundeinstellung Tierrechten gegenüber mitbringen. Bei seinen anderen Büchern ("Animal Rights: A christian Assessment" und "Christianity and the Rights of the Animals") läßt der Titel ein sehr, sehr fragwürdiges Verständnis von Tierrechten vermuten.

Der Dritte im Bunde ist Tom Regan. Dieser nutzt das Vorwort, um mit vielen Worten wenig zu sagen. Hauptsächlich beschränkt es sich darauf, daß er sich und seinen Kollegen der (Pseudo-?)Tierrechtsphilosophie, auf die Schulter klopft.

Bei der Überschrift zum ersten Kapitel ("Unterschiede zwischen Mensch und Tier") weiß man nicht, ob sie auf die Herausgeber zurückgeht oder eine Synthese des Mensch-Nichtmensch-Verständnisses der repräsentierten Autoren darstellt, denkbar ist beides. Auffällig ist, wie die Autoren ohne jede empirsche, geschweige denn wissenschaftliche Fundierung ihre Thesen über nichtmenschliche Tiere aufstellten.

Aristoteles meint, "Sprache hat von allen Geschöpfen allein der Mensch" und Vernunft hätten nichtmenschliche Tiere ohnehin nicht. Weiter geht es mit Thomas von Aquin: "Hierdurch wird auch der Irrtum derer ausgeschlossen, die gesetzt haben, es sei dem Menschen Sünde, wenn er die tierschen Seelenwesen tötet. Aus der Göttlichen Vorsehung nämlich werden sie durch die natürliche Ordnung zum Gebrauch des Menschen geordnet, weswegen der Mensch sie ohne Unrecht gebracht, sei es, indem er sie tötet, sei es auf irgendeine andere Weise." Um diesem guten Christen jedoch gerecht zu werden, sei gesagt, daß er nichtmenschlichen Tieren "unnötigen" Schaden zuzufügen daher ablehnt, da es Menschen verrohen würde. Anthropozentrisch durch und durch, aber immerhin.
Bei einigen Texten, wie dem von Machiavelli, scheint es, daß die Herausgeber Platz füllen mußten, denn dieser Text z.B. betrifft das Mensch-Nichtmensch-Unterschiede nur in einer Metapher und hat ansonsten keinen Bezug zur Ethik oder den Status nichtmenschlicher Tiere betreffende Bereiche.
Für Descartes sind Tiere wie viel zitierten "Automaten", ohne Verstand und ohne "Seele". Zumindest mit dem letzten hatte er recht, auch wenn er es wohl nicht positiv meinte. Etwas besser wird es bei Hume. Ihm zufolge haben Tiere zwar Kommunikation (immerhin), aber auch keine Sprache (offen bleibt, wie Kommunikation ohne Sprache erfolgen soll). Verstand hätten sie nicht, da er "durch Worte festgelegt wird" (sodaß also auch stumme Menschen keinen Verstand hätten), allenfalls hätten sie Instinkte. Ähnliche Verdrehung gibt es auch bei Locke. Er sagt, nichtmenschliche Tiere hätten zwar ein Gedächtnis, aber keine Erkenntnis, können nicht vergleichen, zusammensetzen, benennen, abstrahieren usw. Aber, man staune, sie haben "ein gewisses Maß von Vernunft".
Danach geht es jedoch mit den Generalabsagen weiter. Laut Rousseau sind nichtmenschliche Tiere "nichts weiter als eine künstliche Maschine", laut Herder haben sie keine Sprache, Bildung, Kleidung, Künste usw., laut Schopenhauer keine Vernunft, laut Hegel kein Selbstbewußtsein und laut Marx sind nichtmenschliche Tiere mit ihren Handlungen und nichts sonst gleichzusetzen. Nietzsche hingegen denkt auch in eine etwas andere Richtung und stellt fest, daß das Bewußtsein, d.h. die herausragende Intelligenz des Menschen, nicht nur seine positiven Seiten hat: "Zuletzt ist das wachsende Bewußtsein eine Gefahr" – im Mensch-Nichtmensch-Verhältnis gesehen eine allzu wahre Aussage. Als letzte Position wird Midgley zitiert, die eine moderne Sicht vertritt und gegen die Reduzierungen und Verabsolutierung bestimmter Merkmale zugunsten der Menschen bei Mißachtung speziell anderstierlicher Merkmale und Eigenschaften argumentiert. "Wir ähneln verschiedenen Tieren in verschiedener Hinsicht."

Der zweite Themenkomplex lautet "Herrschaft und die Grenzen der Macht". Hier tauchen zur Hälfte die gleichen Autoren wie oben auf.
Aristoteles läßt verlauten: "Auch steht von Natur aus das männliche Wesen zum weiblichen im Verhältnis der Stärkeren zum Schwächeren und des Herrschenden zum Gehorchenden. [...] Diejenigen, die einen so weiten Abstand haben, wie Seele und Leid oder Mensch und Tier [...], das sind die natürlichen Knechte, für die es wie in den verglichenen Fällen, besser ist, in solchem Dienst zu gehorchen." Frauen und nichtmenschliche Tiere sind also "Sklaven von Natur aus". Diese Tradition ist bekanntlich sehr wirkungsmächtig gewesen – nicht gerade zum Vorteil der Betroffenen.
Augustinus leitet in bester christlicher Logik her, daß das Gebot "Du sollst nicht töten", da es sich nicht auf Pflanzen bezieht, sich auch nicht auf nichtmenschliche Tiere beziehen kann. "Darum hat auch die gerechteste Anordnung des Schöpfers ihr Leben [das der nichtmenschlichen Tiere] und ihr Sterben unserm Nutzen angepaßt." Sein Kollege im Geiste, Thomas von Aquin, führt fort: "Alle Tiere sind dem Menschen aber naturhaft unterworfen. [...] Da der Mensch nun, als nach dem Bilde Gottes geschaffen, über die anderen Lebewesen erhaben ist, so werden die andern Lebewesen seiner Leitung angemessenerweise unterstellt."
Montaigne kommt zu der Erkenntnis, daß Überlegenheit Dominanz nicht rechtfertigen kann, "[w]enn wir uns deswegen einen Vorzug über sie anmaßen wollen, weil wir sie fangen, uns ihrer bedienen, und nach unserm Willen mit ihnen umgehen können: so ist dieses kein anderer Vorzug, als eben der, welchen wir vor einander selbst haben. Eben so gehen wir auch mit unsern Sklaven um." Hobbes sagt im Gegenteil, da der Kampf aller gegen alle herrsche, habe der Mensch aus bloßer Überlegenheit das Recht, andere Tiere zu unterdrücken (das wird man später Sozialdarwinismus nennen): "Unsere Herrschaft über die Tiere hat also ihren Ursprung im Naturrecht [...]".
Wie allzu christlich wird es bei Pufendorff: "Die austrückliche Erlaubnüß gottes hebt disfals allen Scrupel auf, welcher sonst etwa sonderlich bey Schlachtung derer Thiere entstehen mögen. Der Schein der Grausamkeit verschwindet bey der Betrachtung, daß der Schöpffer sie darzu bestimmet und denen sterblichen Meschen das Recht, dergleichen zu thun, gegeben haben, mit dessen Gebraucht sie ja demnach kein Unrecht begehen können." Bei Pope heißt es, er halte es "nicht für übertrieben, von der Annahme auszugehen, daß die Menschheit – in Relation gesehen – für den Mißbrauch ihrer Herrschaft über Geschöpfe niedrigerer Ordnung um nichts weniger verantwortlich ist als für die Ausübung von Tyrannei gegenüber ihrer eigenen Spezies. Je vollständiger die niedere Schöpfung unserer Macht unterworfen ist, desto größer sollte unsere Verantwortung hinsichtlich der schlechten Handhabung dieser Macht wohl sein." Etwas besser, aber viel läßt sich auch daraus nicht machen. Fichte teilt die nichtmenschlichen Tiere in Eigentum und Nicht-Eigentum ein, wobei die letzteren weniger Rechte haben und die ersten nur die, die ihnen über ihre Besitzer zukommen. Das dürfte recht "modern" sein. Sidgwick hat die sehr "interessante" Vorstellung, der Mensch sei Besitzer des Bodens und weil sich die Tiere von diesem Boden ernähren, hätte er das Recht zur Herrschaft über sie – ein Fall von kreativem Speziesismus.
Russell liegt näher an tierrechtlerischen Vorstellungen mit seiner Aussage: "Es gibt keinen objektiven Grund dafür, die Interessen der Menschen über die der Tiere zu stellen. Wir können Tiere leichter töten, als sie uns töten können; das ist die einzige solide Basis unseres Überlegenheitsanspruchs." Und das, obwohl er – als Verfasser des Textes "Warum ich kein Christ bin" - ein schädlicher Ungläubiger war. Horkheimer hat ähnlich wie Adorno die Tragweite der Tierausbeutung erkannt. "Tiere haben nur das Recht zu leiden. [...] Die Geschichte der Anstrengungen des Menschen, die Natur zu unterjochen, ist auch die Geschichte der Unerjochung des Menschen durch den Menschen."

"Gerechtigkeit, Rechte und Verpflichtungen" heißt das dritte Kapitel und bei Aquin gibt es auch hier nichts Neues: "die Tiere [sind] für den Menschen [da]." Pufendorff gibt sich etwas mehr Mühe und erklärt, nichtmenschliche Tiere hätten keine Rechte, weil "das natürliche Gesetz" es nicht so vorsehe. Ähnlich unbestimmt bleiben auch Hume und Rawles mit ihrer Meinung, nur Menschen hätten Anspruch auf Gerechtigkeit, da nichtmenschliche Tiere dem Menschen nicht "gleich" seien.
Humphrey Primatt hingegen liegt schon etwas richtiger: "Und wenn der Unterschied in Hautfarbe und Körpergröße keinem Menschen das Recht verleiht, einen anderen Menschen zu verachten oder zu mißbrauchen, dann kann der Unterschied in der Gestalt zwischen einem Menschen und einem Tier einem Menschen auch keinerlei Recht geben, ein Tier zu mißbrauchen und zu peinigen." Allerdings bleibt es das pathozentrisch und das Implizieren von "Gebrauch" als Gegensatz zu "mißbrauchen" bestehen (zudem ist seine sonstige Argumentation theistisch). Kant wiederum vertritt die Abgründe des Anthropozentrismus: "Allein weil Tiere nur als Mittel da sind, indem sie sich ihrer selbst nicht bewußt sind, der Mensch aber der Zweck ist, [...] so haben wir gegen die Tiere unmittelbar keine Pflichten, sondern die Pflichten gegen die Tiere sind indirekte Pflichten gegen die Menschheit." Indirekte Pflichten bedeutet, daß "Tierquälerei" nur dann falsch ist, wenn es zur "Verrohung" des Charakters führt (und Gewalt auch gegen Menschen fördert). Daggett vertritt heutigen Tierschutz. Kein Tier dürfe ohne "sinnvollen Grund" getötet werden usw., kennen wir zur Genüge.
Was Bentham sagt, ist in der Tierbewegungsszene bekannt. Aber auch er bleibt bei utilitaristischer Leidverrechnung, denn kurz vor diesem Abschnitt sagt er, Tiere zu töten sei gerechtfertigt, nur nicht sie leiden zu lassen. Und so verteidigt er in einem Leserkommentar an eine Zeitung auch Vivisektion, insofern sie ein "klares Ziel" habe. Gewissermaßen ein früher Peter Singer.
Salts Positionen können an anderer Stelle ausführlicher nachgelesen werden und Schweitzers Biozentrik ist zwar unsinnig, müßte aber Tierrechte einschließen. Allen, die sich heute auf ihn berufen (wie z.B. eine "Stifung" dieses Namens), scheint das jedoch egal zu sein und so frönen sie weiter dem Unveganismus. Die Autorin Brophy ist Vegetarierin und verhält sich erwartungsgemäß: "Wenn wir Tiere als Nahrungsquelle züchten und töten, dann haben wir – meiner Meinung nach – die moralische Verpflichtung, ihnen bei beiden Vorgängen Schmerz und Schrecken zu ersparen, einfach, weil sie empfindungsfähig sind. [...] Wenn wir Vivisektion erlauben, sind wir besonders dabei zur Einhaltung der schärfsten Mindestauflagen verpflichtet." Apropos Tierschutz, über Singer, der hier auch zu Wort kommt, braucht man wohl nicht zu weiter zu reden. Der vorletzte Autor, Nozick, kommt immerhin zu der Erkenntnis, daß Utilitarismus (wie von Singer vertreten) weiterhin speziesistisch ist (so ist das schmerzlose Töten von nichtmenschlichen Tieren gerechtfertigt, aber nicht von Menschen), mehr aber auch nicht. "Zumindest einige höhere Tiere sollten in menschlichen Überlegungen darüber, was man tun soll, ein gewisses Gewicht haben." Abschließend wird Regan zitiert, der zwar nachweist, daß Kontraktismus und Utilitarismus unzureichend sind, aber seine Argumentation ist diffus. "Was für einen Utilitarier Wert besitzt, ist die Befriedigung der Interessen eines Individuums, nicht das Individuum selbst." Sicher, aber was außer den Interessen ist an einem Individuum ethisch relevant? Seine Definition des "Eigenwerts" ist rein pathozentrisch und er schließt nach seinem Hauptwek zudem einen Großteil der Tiere aus der ethischen Berücksichtigung aus, von krudem Speziesismus seines "lifeboat"-Szenarios ganz zu schweigen (vgl. hier).

Fazit: Tierrechtsphilosophie ist hier nicht zu finden, war aber auch nicht zu erwarten. Die Absicht, einen Überblick über die bisherige philosophische Beschäftigung mit Tierethik zu geben, ist nur teilweise gelungen. Viele Texte wirken beliebig ausgewählt, nicht nach Wirkungsmächtigkeit oder Relevanz. Auch für das Zitieren eignet sich das Buch kaum, denn Autoren, zu denen längst historisch-kritische Ausgaben vorliegen (wie Marx und Nietzsche), werden nach der nächstbesten Taschenbuchausgabe oder unaktuellen wissenschaftlichen Ausgaben zitiert.
Will man sich näher mit der philosophischen Geschichte des Anthropozentrismus (der Grundlage der speziesistischen Ethik) beschäftigen, ist Gary Steiners "Anthropocentrism and its discontents. The moral status of animals in the history of western philosophy" besser geeignet.

[Quelle: http://tierrechtsforen.de/1/7645/7665]

19. Dezember 2009

Tierschutz, Spenden, Peta

Peta kritisiert Landwirtschaftsministerin Ilse Aigner (CDU) zuletzt für das Tragen eines "Pelz"-Produkts. "Pelz" bedeutet Tierrechtsverletzung, ohne Frage, aber Petas Aufforderung, "nicht weiter Werbung für ein ausgesprochen tierquälerisches Produkt" zu betreiben, kommt etwas spät angesichts der Tatsache, daß Aigner im Sommer eine Propagandakampagne zum Thema "Schulmilch" gestartet hatte.
Wenn man die Schwere der damit verbundenen Tierausbeutung vergleicht, kommt man jedoch unweigerlich zu dem Ergebnis, daß das Tragen eines "Pelz"-Produkts - und damit Werbung für einen Bereich der Tierausbeutung, der bereits auf breite Ablehnung stößt -, ungleich weniger schädlich ist, als die Propaganda für einen Kernbereich der Tierausbeutung, dessen Opferzahlen mehr als zehnmal höher liegen.
Woher kommt diese schiefe Prioritätensetzung (für die dieses Beispiel nur eines von vielen ist)? Vielleicht daher, daß sich mit Veganismus weniger Spenden erzielen lassen als mit einem Randaspekt?

[Quelle: http://tierrechtsforen.de/13/2055]

17. Dezember 2009

Tierschützer fahren Karussell

Wieso fahren viele Kinder gerne Karussell? Richtig: weil es lustig ist. Und was lustig ist, wollen viele Menschen auch in ihrem späten Leben nicht vermissen. Auch Tierschützer wollen das nicht und so freuen sie sich darüber, wenn sie sich - auch ohne Karussell - immer wieder lustig im Kreis drehen können.

Bleiben wir beim Karussell: Wenn ein Kind bei einer Fahrt heruntergefallen ist, weil es sich nicht festgehalten hat, was wird es beim nächsten Mal tun? Richtig: sich festhalten, denn es hat auch der Vergangenheit gelernt.

Leider scheint diese Lernfähigkeit bei einigen Menschen bei fortschreitendem Alter zu versiegen. Wenn sie nämlich eingesehen, daß Reformismus keinerlei wirkliche Erfolge erzielt hat, überdenken sie noch einmal ihre Strategie und dann ist ihre Lösung natürlich: Abolitionismus! Nein, Moment, ich meinte: noch mehr Reformismus! Wieso auch nicht? Viel hilft viel, das wissen wir schon lange. Wer oft genug vom Karussell gefallen ist, statt sich festzuhalten, lockert mit der Zeit die Erde und fällt irgendwann weicher. Und dann wird es höchste Zeit, das als "Erfolg" zu verkaufen.

Diese fundamentalen Erkenntnisse gehen auch bei Tierschützern nicht verloren.

Z.B. stellt Martin "Veganismus ist zu schwer" Balluch fest: "Allerdings hat das Pelzfarmverbot an sich keinen Rückgang im Pelzhandel bewirkt, es wurden eben Pelze aus dem Ausland nach Österreich eingeführt." Ist das ein Grund für ihn zu erkennen, daß nicht die Symptome der Tierausbeutung (ob "Pelz" hier oder da produziert wird) zu bekämpfen notwendig ist, sondern die Ursache, nämlich die wirtschaftliche Nachfrage aufgrund des Unveganismus der Menschen? Ach i wo. Man kann sich stattdessen auch ein wenig die "Welt-Abschaffung der Pelz-Produktion" zurechtbasteln, die seeehr wahrscheinlich ist, schließlich würde NIEMAND auf die Idee kommen, etwas weiterhin zu produzieren, das einen gesicherten Absatz garantiert.

Konkret äußerste sich auch letztens Helmut "Hühner- und Rindermord ist tierrechtskonform" Kaplan in Bezug auf Reformismus: "Wir dürfen hierbei niemals aus den Augen verlieren, daß mit der Realisierung dieser Reformen das EIGENTLICHE PROBLEM, das UNRECHT AN SICH noch nicht einmal berührt wird." Huch? Reformismus berührt das eigentliche Problem nicht? Das ist ja völlig neu. Aber ok, auch wenn etwas nicht das eigentliche Problem berührt und auch wenn es eine viel bessere, direkte und effektivere Strategie gibt (Abolitionismus und nichts sonst), heißt das noch lange nicht, daß man stattdessen diese wählen sollte, stimmt's? Genau: "Die angemessene Antwort auf die ungeheure Ausbeutung der Tiere heißt nicht Reform ODER Abschaffung, sondern Reform UND Abschaffung." UND? Was macht er eigentlich, wenn er eine Kerze anzünden will? Ein brennendes Streichholz dranhalten UND gleichzeitig einen Eimer Wasser drüberkippen? Aber naja, funktioniert sicher, man muß es wahrscheinlich nur oft genug probieren. Daß Reformismus ein System erhalten soll und damit jeder Abschaffung diametral entgegenwirkt, wie man in jedem Handlexikon nachlesen könnte, ist schließlich nebensächlich.

Auch aktuell ist das Karussellfahren noch nicht langweilig geworden. 2002 wurde in den Grundgesetz-Paragraphen 20a die Wortgruppe "und die Tiere" aufgenommen im Rahmen des Satzes: "Der Staat schützt auch in Verantwortung für die künftigen Generationen die natürlichen Lebensgrundlagen und die Tiere im Rahmen der verfassungsmäßigen Ordnung [...]." Zugegeben bedeutet das "Schützen" der Tiere auf der gleichen Stufe mit "natürlichen Lebensgrundlagen", daß Tiere nur als Ressource "geschützt" werden und Individualrechte uninteressant sind. Und folgerichtig stellt die Albert-Schweitzer-"Eiernudeln sind toll"-Stiftung fest: "Artikel 20a hat die Situation der Tiere in Deutschland bislang zwar noch nicht maßgeblich verbessert." Ach wirklich? Ein nichtssagender Gesetzeszusatz in einem speziesistischen Gesetz, das von Unveganern und Tierausbeutungsbefürwortern erlassen wurde, hat für die Tiere nichts verbessert? Was für eine Überraschung. Doch sei es drum, wenn wir etwas brauchen, dann noch einen nichtssagenden Gesetzeszusatz in einem speziesistischen Gesetz, das von Unveganern und Tierausbeutungsbefürwortern erlassen wurde, diesmal die Phrase "den Erfordernissen des Wohlergehens der Tiere als fühlende Wesen" im EU-Reform-Vertrag, wo es jetzt heißt: "Bei der Festlegung und Durchführung der Politik der Union in den Bereichen Landwirtschaft[!], Fischerei[!] [...] tragen die Union und die Mitgliedstaaten den Erfordernissen des Wohlergehens der Tiere als fühlende Wesen in vollem Umfang Rechnung [...]." Wenn das "Wohlergehen" in der "Fischerei" gesichert werden soll, was faktisch diese abschaffen müßte, es aber sicher nicht tut, müßte man zur Erkenntnis kommen, daß "Wohlergeben" hier Tierschutz bedeutet, d.h. den "Schutz" der Tiere z.B. damit, vor dem Kehleaufschlitzen begast statt elektrogeschockt zu werden; daß es bedeutet, daß billigere und effizientere Methoden des Tiermords entwickelt werden, die ihn außerdem gesellschaftlich akzeptabler machen und die Tierausbeutungsindustrie stärken. Ein Grund, endlich Tierrechte und Veganismus zu fordern? Ach was frage ich: "Man darf aber trotzdem hoffen, dass der neue Reformvertrag die europäische Rechtsprechung zum Wohle der Tiere beeinflussen wird und nur einen von vielen noch zu folgenden Schritten darstellt." Oh ja, VIELE Schritte in die falsche Richtung. DAS wird die Tierrechte sicher voranbringen.

Dies sind nur drei Beispiele von Hunderten und so können wir uns auch in Zukunft auf weitere Runden "Reformismus funktioniert nicht, also brauchen wir noch mehr Reformismus" freuen.

Tomaten werfen und Tomaten essen

„Wir versuchen größtenteils vegan, also ohne Fleisch und Milchprodukten zu kochen, damit es jeder essen kann“

(Salzburger Nachrichten, 30.10.09)

Im Flur gibt es Couscous und Linsen, rein vegan natürlich.

(LVZ-Online, 27.11.09)

einer Ecke im Erdgeschoss haben die Besetzer eine provisorische Küche eingerichtet, wo mittags und abends gekocht wird, und zwar ausschließlich vegan.

(Badische Zeitung, 24.11.09)

Zu den Artisten sind natürlich auch die Kochkünstler zu zählen, die schon ab der ersten Nacht die hungernden Besetzer mit köstlichen veganen Gerichten oder Crepes vom „autonomen Crepes-Stand“ versorgen.

(fudder, 18.11.09)

Die vegane Volxküche des Hörsaals ist noch warm

(nachrichten.at, 09.11.09)


Ob Wien, Leipzig, Freiburg oder Linz, fast überall gibt es Studentenproteste und fast überall wird vegan gekocht. Und das ist kein Einzelfall. Auch bei anderen Zusammenhängen - von Protestveranstaltungen wie den G8-Gipfel-Demos, über politische Kongresse wie den Bundeskongressen der Grünen Jugend bis hin zu lokalen Volxküchen - ist die Essensversorgung vegan.


Sicher liegt es zum Teil daran, daß auf alle Teilnehmer Rücksicht genommen werden soll und veganes Essen dabei der kleinste gemeinsame Nenner ist, aber dennoch machen die Veganer nur einen kleinen Teil der Teilnehmer aus und diese Rücksichtnahme ist somit nicht selbstverständlich. Die Ursache kann woanders vermutet werden. Es ist nicht nur Rücksichtnahme allein, sondern auch das Bewußtsein, daß Veganismus eine Frage der Konsequenz sozialer Proteste überhaupt ist. Wenn man gegen Unrecht demonstriert, kann man nicht glaubwürdig bleiben, wenn man dem Unrecht milliardenfachen Massenmords an Tieren durch die "Nahrungsmittel"-Industrie gleichgültig gegenübersteht. Veganismus ist nicht "nur" eine Ernährung (schon deshalb nicht, weil es den ganzen Lebensstil betrifft), "nur" eine Verweigerung (und erst recht kein "Verzicht") oder die Umsetzung der persönlichen Konsequenz, sondern es ist auch eine Protesthaltung an sich, ein gelebter Widerstand gegen tagtäglich millionenfaches Unrecht an Tieren, die nicht für sich selbst sprechen können. Jede vegane Handlung, wie es schon eine einzelne, betont veganen Mahlzeit ist, steht als Symbol dafür, wie man es besser machen kann: indem man seine Ernährung nicht auf das problemlos vermeidbare Leid und den unnötigen Tod der Tiere begründet. Es ist das Haar in der Suppe jedes Eßtischtäters, der meint, weil sich "alle" unvegan ernähren würden, müsse er sich nicht dafür rechtfertigen.


Daß der Veganismus durch solche - wenn auch kleine - Bemerkungen in Zeitungsartikeln über die Studentenproteste Beachtung findet, ist erfreulich zu sehen. Gerade aufgrund des positiv konnotierten Zusammenhangs, der in sonstigen Artikeln, in denen Veganismus erwähnt wird, selten zu finden ist - hier gibt es nämlich keine dümmlichen Kommentare über angeblichen Nährstoffmangel oder andere Unwahrheiten. Veganes Essen wird nicht als "ungesund" oder schlecht schmeckend diffamiert, sondern als ein akzeptierter Standard unter Menschen, die über den eigenen Tellerrand hinaussehen, dargestellt. Und das ist die richtige Richtung auf dem Weg zu dem, was der Veganismus einmal werden soll: eine Selbstverständlichkeit.

[Quelle: http://www.vegane-gesellschaft.de/archives/48-Tomaten-werfen-und-Tomaten-essen.html]

Internationaler Tierrechtstag - 10. Dezember 2009


Auzuchtanlage mit Volierenhaltung
Am 10. Dezember ist der Tag der Menschenrechte, Jahrestag der Allgemeinen Erklärung der Menschenrechte 1948. Genau ein halbes Jahrhundert später wurde die Notwendigkeit von Rechten nicht nur unabhängig von Ethnie, Geschlecht, Alter usw., sondern auch von der Spezies dadurch zum Ausdruck gebracht, daß der Tag zum internationalen Tierrechtstag erweitert wurde: ein Tag, an dem auf die Rechte von Menschen und anderen Tieren aufmerksam gemacht wird.



Ferkel 25.11.03
Diskriminierung, Folter, Todesstrafe, Sklaverei, willkürliche Haft und vieles mehr verletzen Menschenrechte auch heute noch. Doch mittlerweile ist dies in vielen Teilen der Welt geächtet. Für Milliarden Hühner, Schweine, Rinder, Fische und zahllose andere nichtmenschliche Tiere ist dies dagegen Alltag - weltweit.



Vogel im Käfig
Für die derzeit lebenden fast sieben Milliarden Menschen werden drei Mal so viele Hühner, Rinder und Schweine gefangengehalten, dazu weitere Milliarden Enten, Schafe, Kaninchen, Ziegen, Fische, Bienen, Gänse, Truthühner und zahllose Individuen anderer Spezies. Allein für ein tägliches Ei, ob in der Schale oder verarbeitet, werden pro Person jährlich ein männliches Küken und eine Henne getötet. Daher ist für Tierrechte auch und primär Veganismus zwingend notwendig, ein Leben ohne Tierprodukte. Wer nicht vegan lebt, ist ursächlich verantwortlich für Gefangenschaft und Tötung von Tieren.



Angler
So wie es ethisch nicht vertretbar ist, Rechte nur bestimmten Menschen aufgrund ethisch irrelevanter Merkmale - aktuell dazu das Urteil des europäischen Menschenrechtsgerichtshofs gegen die Diskriminierung von Männern - zuzugestehen, ist es ebenfalls inakzeptabel, Rechte (wie das auf Leben, physische und psychische Unversehrtheit und Freiheit) nur auf Angehörige einer bestimmten Spezies zu beschränken und andere Tiere davon willkürlich auszuschließen.



Rinder
Tierrechte bedeuten natürlich Elementarrechte und nicht, wie von Tierrechtsgegnern gern kolportiert, Wahlrecht für Kühe, genauso wie Kinderrechte nicht Wahlrecht für Säuglinge bedeuten. Und das heißt auch, daß ein Fuchs, der eine Maus tötet, dafür so wenig belangt werden kann wie ein dreijähriges Kind, das ein Jagdgewehr in die Finger bekommt und damit jemanden erschießt. Ein Schwein hat in der Regel kein Interesse an einem Recht auf Bildung, wohl aber an einem Lebensrecht. Allgemein haben Individuum Interessen an Tierrechten, die ihnen angemessenen sind - an Tierrechten, und keinesfalls nur an Tierschutz wie Spielzeug oder größere Gefängnisse für Todgeweihte. Und selbstverständlich sind Tierrechte automatisch auch Menschenrechte (da Menschen Tiere sind).


Kleinmarkthalle: Seeteufel und andere Fische 16.10.03 Bemerkenswert ist, wie sich die Erweiterung der Personengruppen, denen Rechte
"zugestanden" wurden, historisch entwickelte. Die Amerikanische Unabhängigkeitserklärung postulierte 1776 erstmals in einem offiziellen Dokument allgemeine Menschenrechte - doch in der späteren Verfassungspraxis wurden sie nur "frei geborenen", weißen Männern in vollem Umfang zugestanden, nicht aber Sklaven und Leibeigenen oder Personen anderen Geschlechts oder anderer Hautfarbe. Die Erklärung der Menschen- und Bürgerrechte der französischen Nationalversammlung 1789 galt ausschließlich für Männer.


"Wie wir das heute als offensichtlich verwerflich erkennen, werden künftige Generationen die derzeit übliche Denkweise als absurd ansehen", so Achim Stößer von Maqi. Analog zur rassistischen oder sexistischen Denkweise ist dies eine speziesistische. Dabei werden ethisch irrelevante Merkmale wie die angebliche intellektuelle oder emotionale "Überlegenheit" von Menschen vorgeschoben, wobei entlarvenderweise ein Schimpanse, ein Schwein, eine Elster oder ein Hund, auch wenn sie diesbezüglich einem menschlichen Kleinkind gleichen oder es übertreffen und daher nach diesem Kriterium entsprechende Rechte haben müßten, weniger Rechte haben als etwa ein menschlicher Fötus oder ein Säugling sie (allein aufgrund ihrer Spezies) haben.


"Heute, fast ein viertel Jahrtausend nach der ersten offiziellen Erwähnung von Menschenrechten, ist es an der Zeit, diese Denkweise abzulegen, die in der Praxis zu einem tagtäglichen Blutbad führt, und daraus an jedem, nicht nur am Welttierrechtstag die Konsequenzen zu ziehen: den anthropozentrischen Speziesismus auf die Müllhalde der Geschichte zu werfen."

[Quelle: http://www.maqi.de/presse/tierrechtstag2009.html]

Was sollen die Inuit tun? - In den Supermarkt gehen

Man hört es seltener, aber ganz entblödet sich noch nicht jeder die Behauptung aufzustellen, die Inuit könnten nicht vegan leben (was implizieren soll, daß man es dann selbst auch nicht bräuchte). Das wird durch Zeitschriftenartikel Lügen gestraft, in denen berichtet wird, wie man selbst in nördlichsten Stadt in Grönland im Supermarkt Kaffee und "Fertigpizza" kaufen kann. Auch wenn die "Gemüseabteilung" dort noch dürftig ausgestattet ist steht fest, daß sie nicht wollen und nicht, daß sie nicht könnten.


Was sie viel lieber machen, ist eine (nicht nur ethisch völlig inakzeptable), sondern selbst wirtschaftlich zu 100% subventionierte "Jagd" betreiben. Der Umgang mit den angeblich "geliebten Schlittenhunden" ist auch bezeichnend: sie werden hungern gelassen, regelmäßig ausgepeitscht, wenn sie krank sind auf die Müllhalde geworfen und ab und an ist auch mal eine Massenexekution fällig. In Bezug auf Tierschutz hat der Interviewte außerdem die Nadel im Misthaufen gewonnen.

Die "Bewahrung der Jagd" wird kulturell begründet - ob diese Form von "Kultur" erhaltenswert ist, sollte man noch einmal überdenken.

[Quelle und zugehöriger Presseartikel: http://tierrechtsforen.de/13/2045]

Gerichtshof für Menschenrechte reduziert Männerdiskriminierung

Das deutsche Gesetz zur Diskriminierung unverheirateter Väter verstößt, so der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte, gegen die Europäische Menschenrechtskonvention: auch sie müssten, wie die unverheirateten Mütter, das (teilweise) Sorgerecht für die gemeinsamen Kinder bekommen.

Allerdings wird auch eine dementsprechende Gesetzesänderung die Männerdiskriminierung nicht beseitigen, wie bereits jetzt an unzähligen getrennt lebenden Elternpaaren, die auf dem Papier ein gemeinsames Sorgerecht haben, zu sehen ist: in der Praxis bedeutet das dennoch in der Regel, dass die Kinder die Väter kaum sehen, sondern nahezu ausschließlich bei den Müttern leben, die meist alle Entscheidungen, die die Kinder betreffen, fällen, sie "erziehen", ihre Schule wählen usw. Wo Unstimmigkeiten herrschen, müssten diese - wiederum zu Lasten der Kinder - gerichtlich entschieden werden. Hinzu kommen häufig Sanktionen der Mütter, wenn die Väter sich nicht ihrem Willen beugen, von der Einflussnahme auf die Kinder über willkürliche Kürzungen der ohnehin schon geringen Besuche (im Zweifelsfall wird das Kind im passenden Augenblick "krank") und nicht selten bis zu aus der Luft gegriffenen Vorwürfen der Kindesmisshandlung.

Fälle, in denen der Aufenthalt von Kindern bei beiden Elternteilen gerecht geteilt ist - eben so, dass das Kind bei jedem die Hälfte der Zeit lebt - dürften an einer Hand abzuzählen sein.

[Quelle und zugehörige Presseartikel: http://tierrechtsforen.de/13/2048]

Affenrechte dank Speziesismus

Mehr Rechte für Affen (ob Menschenrechte für Affen, Tierversuchsverbot oder "Zoo"verbot), meist nur Menschenaffen, wurden schon immer explizit speziesistisch begründet: sie hätten sie verdient, weil sie dem Menschen ähnlicher wären als andere Tiere. Viele neue Tierschützer und einige wenige Tierrechtler waren der Meinung (wenn auch mit unterschiedlichen Zielen), es könnte eine Türöffnerfunktion für das Zugeständnis von Rechten an nichtmenschliche Tiere haben.

Die Urteilsbegründung des Schweizer Bundesgerichts gegen die Durchführung von Affenversuchen am Institut für Neuroinformatik an der Universität Zürich spricht die deutliche Sprache des Speziesismus.

Zitat:

Für ein Verbot des beantragten Versuches spricht laut Bundesgericht zudem, dass die Primaten eine «sehr starke genetische und sinnesphysiologische Nähe» zum Menschen aufweisen. Je näher das Tier dem Menschen steht, desto mehr Gewicht kommt der Belastung der Tiere zu und desto wahrscheinlicher ist die Unverhältnismässigkeit des Versuchs.

(NZZ, 04.11.09)

Der hochgelobte "Paradigmenwechsel" (das Tierleid schwerer zu gewichten als den "Versuchsnutzen") bleibt damit genau an der Stelle stecken, die vermutet wurde: die Höhe des Tierleides wird an der Menschennähe definiert. Da es keine Tiere gibt, die näher am Menschen stehen als Affen, läßt sich dieser "Erfolg" nicht ohne weitere argumentative Verbiegungen auf andere Tiere anwenden.

Mehr Rechte für Affen oder andere höher entwickelte Säugetiere zu fordern, festigt den Speziesismus und beweist nur einmal mehr: Reformismus funktioniert nicht.

[Quelle: http://tierrechtsforen.de/1/7584]

Kaplans Antiabolitionismus

Nachdem Kaplan seit Jahren mit seinem antiveganen Vegetarismus (http://antispe.de/txt/kaplansantiveganismus.html) ein Klotz am Bein derer, die Tierrechte und eine antispeziesistische, vegane Gesellschaft anstreben, ist, erbricht er nun ganz analog dazu antiabolitionistischen Reformismus:

Zitat:

Wir müssen selbstverständlich alle möglichen und (momentan) `realistischen` Reformen fordern und fördern. Alles andere wäre gegenüber den unmittelbar betroffenen Tieren zynisch und unverantwortlich. Aber: Wir dürfen hierbei niemals aus den Augen verlieren, daß mit der Realisierung dieser Reformen das EIGENTLICHE PROBLEM, das UNRECHT AN SICH noch nicht einmal berührt wird.

[...]

Die angemessene Antwort auf die ungeheure Ausbeutung der Tiere heißt nicht Reform ODER Abschaffung, sondern Reform UND Abschaffung[...]


Sunday, November 29, 2009 11:51 AM

Subject: Reform oder Abschaffung?


In beiden Fällen formuliert er nahezu identisch: Ja, eigentlich ist ja Veganismus/Abolitionismus richtig aaaaber ich muß dümmliche Ausreden finden, um selbst Vegetarier/Reformist zu sein (ein Highlight die Behauptung, seine Mutter könne nunmal nur mit Eiern panieren, eine Behauptung, die seine Tochter lügen gestraft hat, mal ganz abgesehen davon, daß selbst wenn seine Mutter das nicht hätte tun können er das ja trotzdem nicht hätte essen müssen) und das natürlich so darstellen, als ob das zielführend und ethisch vertretbar sei, um gut dazustehen.


In beiden Fällen behindert das Veganismus/Abolitionismus und damit Tierrechte (und sogar Vegetarismus/Reformen, die vielen unvermeidbar scheinende "Zwischenschritte" sind).

In beiden Fällen zeigt er sich (wie die meisten Vegetarier/Reformisten) lernresistent.

Was jetzt noch fehlt ist ein kaplanscher Erguß, daß Antispeziesismus ja eigentlich richtig sei, aaaaber aus diesen und jenen Gründen müsse man ersteinmal Speziesist sein. (Oder eigentlich fehlt das gar nicht, mit seiner Befürwortung des Great Ape Projects impliziert er es ja.)

Was er dabei (vergeblich) versucht, liegt auf der Hand: sich bei der Masse der Vegetarier/Reformisten anzubiedern und sich gleichzeitig ein Hintertürchen offen zu halten, um, wenn sich trotz Leuten wie Kaplan die einzig sinnvollen Meme durchsetzen, sagen zu können, er hätte es ja schon immer gesagt.

Hat er aber nicht.

Näheres zur (ethisch wie strategisch zwingenden) Notwendigkeit von Abolitionismus und Kontraproduktivität von Reformismus in der FAQ Tierrechte (http://veganismus.de/vegan/faq-tierrechte.html), siehe auch http://tierrechtsparteil.de/tstr.

[Quelle: http://tierrechtsforen.de/kaplansantiabolitionismus]

"In-vitro-Fleisch"

Die Frage, ob es aus veganer bzw. tierrechtlerischer Sicht sinnvoll ist, "In-vitro-Fleisch" zu bewerben, kommt immer wieder auf. Außerdem ist zu erwarten, daß (insofern die Forschung doch noch Fortschritte erzielen sollte) dieses Thema auch in Zukunft weiterdiskutiert wird.

Ich habe mich bereits hier (inzwischen überarbeitet) zusammengefaßt aus folgenden Gründen dagegen ausgesprochen:

- es ist nicht vegan, da momentan weder das Ausgangsmaterial (Muskelgewebe und Zellen geschlachteter Tiere) noch die Nährlösung ("fötales Kälberserum") vegan sind

- es verfehlt bzw. behindert das Ziel, die Menschen von der ethischen Falschheit des Unveganismus zu überzeugen, sodaß der Konsument die Tierausbeutung in anderen Bereichen nicht einstellt

- es schafft eine Gewissensberuhigung, die bei der Überzeugung vom grundsätzlich ethischen Problem des Unveganismus kontraproduktiv wirkt

- es suggeriert, das Problem des Unveganismus sei der "Fleisch"-Konsum, wobei andere Bereiche wie z.B. der Vegetarismus, (auch ungewollt) relativiert werden (wobei ein Vegetarier u.U. mehr Tierleid verursacht als ein Leichenfresser)

- es ist ein Ziel von Tierschutzorganisationen, was Tierrechtsbestrebungen, die sich auch in diese Richtung beteiligen, in die Gefahr bringt, mit diesen in Verbindung gebracht zu werden

- es verschwendet Ressourcen, die für die Aufklärung über Veganismus gebraucht werden



Zusätzlich unterstützt es die Suggerierung, daß "Fleisch" ein "energiereiches/wertvolles Lebensmittel" sei und grundsätzlich nicht durch pflanzliche Alternativen austauschbar.

Einen außerdem empfehlenswerten Artikel hat Adam Kochanowicz geschrieben: "'In vitro' meat has no place in animal rights campaigns".

Er spricht sich folgenden Gründen dagegen aus:

- es wird suggeriert, daß "Fleisch" das Problem sei und nicht der generelle Umgang mit Tieren

- ein besseres als das bisherige Nährmedium würde auf Kollagen beruhen (das aus Schlachtabfällen gewonnen wird und der Hauptbestandteil auch von z.B. Gelatine ist)

- selbst wenn es vegan wäre, könnte das Ersetzen dieses einen Tierausbeutungsprodukts als Ausrede für die Tierausbeutung in allen anderen Bereichen benutzt werden

- das Klonen von Zellen, die als Ausgangsbasis dienen, benötigt ständige neue Zellen, damit die DNS erneuert wird (denn das Klonen geklonter Zellen degeneriert sie mit der Zeit), sodaß permanent Tiere als "Spender" benötigt werden und das Produkt niemals vegan sein kann

- das "In Vitro meat consortium" sagt deutlich, daß sie keine (tierrechts-)ethischen Bestrebungen bei der Entwicklung verfolgen, sondern die "zukünftige Fleischversorgung" sichern wollen und Ressourcen für andere (nicht-ersetzbare) Tierausbeutung freizumachen ("this [in vitro meat] may allow development of a downsized animal production industry")

- die Unterstützung von "In-vitro-Fleisch" bedeutet deshalb die Unterstützung von Tierausbeutung in der Forschung, der Fortsetzung von Tierausbeutung überhaupt und verschwendet Ressourcen, die für die Veganismusüberzeugung gebraucht würden

Sollte jemand der Meinung sein, daß es trotz all dieser Fakten sinnvoll sei, es zu unterstützen, würde ich das gerne hören.

[Quelle: http://tierrechtsforen.de/1/7608]

Interview mit Gary Francione

Der neuste Beitrag der englischsprachigen, selbstproduzierten Nachrichtensendung "The Vegan News" ist ein Interview mit Gary Francione (Grundlegendes zu seiner Person hier in der Einleitung). Es transportiert die Grundaspekte seiner Position in kürzerer Zeit und ist deshalb eine gute Informationsmöglichkeit für die, die seine Bücher (noch) nicht gelesen haben (kurz: für wahrscheinlich alle). Die Interviewteile sind jeweils zehn Minuten lang und entweder über die Originalseite oder über die in der folgenden Zusammenfassung enthaltenen Links zu erreichen. (Oder - dritte Möglichkeit - über youtube: Teil 1, Teil 2, Teil 3, Teil 4, Teil 5, Teil 6, Teil 7.)

Zum Verständnis: Zur Vermeidung von Sprachspeziesismus wird als Personalpronomen für Tier ("animal") nicht "it", sondern "she" verwendet. Andere Begriffe sind "fundraising" = "Spendensammeln", "single issue campaign" = "Einzelzielkampagne" oft in einem Randbereich (z.B. Protest gegen "Pelz" statt gegen unvegane Kleidung insgesamt) und weitere s.u.

Im ersten Teil geht es um grundlegende Konzepte, er erläutert u.a. seine Theorie von "moralischer Schizophrenie" und gibt ein Beispiel, die wie Tierschützer (es ging um eine Antijagddemo) gegen ihn polemisierten, weil er tatsächlich Veganismus gefordert hatte, anstatt nur auf der Tierschutzebene (hier eben Antijagd) zu bleiben.

Der zweite Teil behandelt moralische Konzepte und er erläutert die Unsinnigkeit und speziesistische Basis der Konzepte Singers und Regans. Danach spricht er über Tierschutz und warum Tierschutzreformen nur umgesetzt werden, wenn es ökonomisch lohnenswert ist und die Kosten wieder reingeholt werden können, sodaß Tierschutzreformen niemals zu einer Schädigung der Tierausbeutungsindustrie führen können.

Im dritten Teil setzt er das letzte Thema fort und nennt als Beispiele die ökonomische Verbesserung durch den Einsatz von "controlled atmosphere killing" (Gas- statt Elektrobetäubung und damit "tierschutzgerechtes" Umbringen von Hühnern, das wesentlich billiger ist als das herkömmliche; die tlw. Abschaffung von "gestation crates" ("Abferkelbuchten") und "veal crates" ("Kastenställe" für Kälber), was die Kosten für die "Tierzucht" reduziert. Er legt dar, wie der Tierschutz mit solchen, für die Tierausbeuter positiven Veränderungen den Konsum von diesen Tierprodukten als ethisch unproblematisch oder gar gut hinstellt. Im Weiteren findet er auch die tierschützerischen Antipelzkampagnen oder "Meat-Free-Monday's" (vgl. hier) nicht toll.

Im vierten Teil sagt er, daß die Leute, die sich gar nicht vorstellen können, vegan zu werden, es "in Schritten" machen sollen (was aber nur eine praktische Frage ist, er sagt nicht, daß es a) notwendig sei oder b) daß diese Leute solange sie nocht unvegan sind, besser seien als andere Unveganer). Über die ökonomische Vorteile von Eiern aus "Alternativhaltung" statt "Käfighaltung" kommt er darauf zurück, wie unsinnig die Durchführung von Tierschutzreformen ist, wenn man das Ziel hat, Tierausbeutung abzuschaffen.

In der zweiten Hälfte berichtet er von weiteren persönlichen Diskussionserfahrungen mit einer "Pelz"-tragenden Frau.

Das setzt er im fünften Teil fort und hierbei sollten sich einige endlich klarwerden, wie unsinnig es ist, gegen den "Pelz"-Verkauf von Kaufhäusern zu demonstrieren, aber nicht gegen der "Leder"- und "Wolle"-Verkauf oder überhaupt den Verkauf von Tierprodukten.

Eine seiner häufigen Argumentationsstrategie ist es, zu fragen, ob richtig ist, "unnötiges Leiden" zu vermeiden, und sich dann erklären zu lassen, wieso Leiden für Ernährung, Kleidung oder Unterhaltung "nötig" sei (zum erwähnten "Fall Michael Vick" vgl. hier und hier). Danach geht er auf die Praxis der Tierschutzorganisationen ein, die statt Menschen zu überzeugen, Ablaßhandel betreiben und ihnen damit Entschuldigungen für ihren Unveganismus verkaufen.

Im sechsten Teil führt er das weiter und zeigt, wie Tierschützer Kritik von sich abzulenken versuchen, indem sie behaupten, "die Tierausbeuter" seien viel schlimmer, obwohl sie selbst es sind, die die Auftragsmorde in Auftrag geben, sodaß die Tierausbeuter lediglich die Nachfrage erfüllen. Im Weiteren erklärt er, warum es sinnlos ist, mit Gewalt gegen Tierausbeutung vorzugehen, weil das Problem eben nicht die Tierausbeuter sind, sondern die Leute, die die ökonomische Nachfrage nach Tierprodukten erzeugen. Gewaltsame Aktionen sind daher kontraproduktiv. Notwendig ist es vielmehr, die Menschen davon zu überzeugen, daß das "Nutzen" von Tieren ein grundsätzliches ethisches Problem darstellt.

Der siebte und letzte Teil beginnt mit der Feststellung, daß die Erzeugung von "tierfreundlichen" Produkten (wie Eier aus "Alternativhaltung") bereits aus ökonomischer Sicht Unsinn ist, denn solange die Nachfrage nach "tierunfreundlichen" Produkten besteht, wird diese Nachfrage erfüllt, sodaß bei uns z.B. Eier aus Käfighaltung schlichtweg importiert werden.

Zum Schluß faßt er die grundlegenden Fragen und Lösungen des Mensch-Nichtmensch-Verhältnisses zusammen (v.a. warum es notwendig ist, vegan zu werden) und ergänzt dies um die Gemeinsamkeiten von Tierrechten und Menschenrechten aufgrund der Parallelen zwischen Speziesismus und Rassismus oder Sexismus.

[Quelle: http://tierrechtsforen.de/8/552]

Tierbefreiung: Vögel aus Mast und Eierproduktion gerettet

Gänse, Truthühner, Perlhühner und "Legehennen" vor Unveganern in Sicherheit gebracht


Gänsebefreiung aus Mastanlage 29.11.2009In der Nacht zum Sonntag befreiten Aktivisten der der Tierrechtsinitiative Maqi zwei Gänse, vier Truthühner und sechs Perlhühner sowie sechs "Legehennen" aus der Gefangenschaft.



Gänse werden traditionell vor allem am Martinstag (11. November) und an Weihnachten gegessen. So lautet entsprechend die zynische Bezeichnung für Gänse, die gemästet werden, um anläßlich dieser "Festmähler" getötet zu werden, "Martinsgans" bzw. "Weihnachtsgans". Während die "Martinsgänse" in diesem Jahr bereits ermordet wurden, steht den "Weihnachtsgänsen" das Gemetzel noch bevor - zwei davon werden jedoch weiterleben.


Truthuhnbefreiung aus Mastanlage 29.11.2009In ihrer Heimat Nordamerika werden Truthühner ebenfalls Opfer der Tradition, sie werden zum Erntedankfest ("Thanksgiving") konsumiert. Die inneren Organe der Leichen werden dazu entfernt und die Körperhöhle wird durch die Kloake mit einer Mischung aus Leichenteilen (häufig die Lebern verschiedener Vogelarten) und Lebensmitteln (wie Brot, Zwiebeln, Äpfel, Kastanien, Mais usw.) gefüllt. Teilweise werden auch gehackte Schweine- oder Rinderleichen unter die Haut gefüllt. Dagegen landet in Deutschland überwiegend die Brustmuskulatur der Vögel auf dem Teller (als "Putenschnitzel"). Es versteht sich in dieser Gesellschaft von selbst, daß die Tiere qualgezüchtet sind, um eine hypertrophe Brust zu erhalten, so daß gegen Ende der Mast viele unter ihrem eigenen Gewicht zusammenbrechen und verdursten oder unter ständigen Schmerzen der deformierten Beine leiden. Das trifft insbesondere auf die Truthähne zu, die größer und schwerer werden als die Truthennen. Vier Truthühner wurden aus der Mast befreit.


Perlhuhnbefreiung aus Mastanlage 29.11.2009Perlhühner gehören zu den ersten Vögeln, die von Menschen gefangengehalten und gezüchtet wurden. Neben dem "Fleisch" sind bei vielen Speziesisten auch die blaugrünen Eier begehrt. Wie "Haushühner" sind Perlhühner auch bezüglich der "Legeleistung" qualgezüchtet, so daß die Hennen durchschnittlich 170 Eier im Jahr legen (während bei freilebenden Perlhühnern in Afrika das Gelege aus 8-12 Eiern besteht und die Brutdauer dreieinhalb Wochen beträgt). Sechs Perlhühner wurden gerettet.


Hühnerbefreiung aus Bodenhaltung 29.11.2009Bei den speziell auf "Legeleistung" gezüchteten "Legehennen" ist diese noch höher, sie müssen fast täglich ein Ei legen (während bei freilebenden Hühnern in Asien das Gelege aus 5-6 Eiern besteht und die Brutdauer 19 Tage beträgt). Drei Hennen wurden aus einer Bodenhaltung, drei aus aus einer mit mehreren Etagen und Sitzstangen (Volierenhaltung) in Sicherheit gebracht.

"Die vor Leichenfressern und Vegetariern geretteten Tiere werden nun den Rest ihres Lebens in größtmöglicher Freiheit verbringen", so Tobi Bayerl von Maqi. "Auf sich allein gestellt würden sie kaum lang überleben, so daß sie von Menschen betreut werden müssen (einschließlich angemessener ärztlicher Versorgung)."


Hühnerbefreiung aus Volierenhaltung 29.11.2009Während die natürliche Lebenserwartung dieser Vögel viele Jahre beträgt (bei Hühnern etwa 20 Jahre), werden sie in menschlicher Gefangenschaft nach nur wenigen Wochen oder Monaten ermordet. Gänse werden einige Monate lang gemästet (Schnellmast 9 Wochen, Intensivmast etwa 15 bis 16 Wochen, Extensivmast bzw. Weidemast 20 bis 32 Wochen), Truthühner ebenfalls einige Monate (die Hähne oft länger als die Hennen, da sie mehr "Fleisch" ansetzen können, in Deutschland etwa 22 respektive 16 Wochen, in anderen Ländern teilweise in der "Kurzmast" neun bis zwölf Wochen). Perlhühner werden gelegentlich im Alter von sechs Wochen, ansonsten mit zehn bis zwölf Wochen ermordet (zum Vergleich: "Masthähnchen", also Hühner beiderlei Geschlechts aus den zur "Fleischproduktion" qualgezüchteten Linien, nach etwas über einem Monat als Küken, was etwa einem menschlichen Baby in Gestalt eines Sumoringers entspricht). Und natürlich werden auch für die Eierproduktion und damit für Vegetarier Vögel ermordet: die männlichen Küken noch am ersten Tag, die Hennen, wenn nach etwa einem Jahr die "Legeleistung" nachläßt, also, da sie mit fünf Monaten geschlechtsreif werden, im Alter von etwa eineinhalb Jahren (einige werden dann zu "Suppenhühnern" oder "Hundefutter", ein großer Teil endet in der Tierkörperbeseitigung).


Hühnerbefreiung aus Volierenhaltung 29.11.2009Das alles wäre problemlos zu vermeiden: durch Tierrechte statt Tierschutz, durch Abschaffung der Ausbeutung (Abolitionismus) statt Reformen - durch Veganismus.


Ein Bilddokumentation der Aktion ist unter tierrechtsbilder.de zu finden.

[Quelle: http://www.maqi.de/presse/tierbefreiung2009.html]